pas le temps de s'ennuyer
Nie Zeit für Langeweile – Geschichten aus meiner alten Welt,
ohne Gott!
In meinem Leben war es selten still. Langeweile? Ein Wort, das kaum Platz hatte, denn immer geschah etwas – mal aufregend, mal kurios, mal herzzerreißend. Teilweise waren es auch nur Momentaufnahmen.
Manche Erlebnisse oder Augenblicke brannten sich so tief ein, dass ich sie nie vergessen konnte. Sie haben mich geprägt, sie begleiten mich bis heute, und viele davon habe ich schon oft erzählt.
Hier folgt nun eine Sammlung dieser Geschichten, spontan und ungefiltert, wie sie mir gerade einfallen. Vielleicht bringe ich sie später in eine chronologische Reihenfolge, aber fürs Erste: so, wie sie waren, wild und ungeordnet.
Einige Erlebnisse werden traurig stimmen, andere zum Lachen bringen. Und dann gibt es jene, bei denen man ungläubig den Kopf schütteln wird und sich fragt: Wie konnte das passieren? Oder besser: Wie konnte ich das nur tun?
Aber genau das ist mein Leben – ein Mix aus Höhen und Tiefen, aus Momenten, die uns fordern, und solchen, die uns zum Schmunzeln bringen. Ich lade euch ein, mich auf dieser Reise durch meine Erinnerungen zu begleiten.
L´ironie de la vie
Die Ironie des Lebens
Am frühen Morgen des 4. Dezember 1960, um Punkt 5 Uhr, erblickte ich im Nürtinger Kreiskrankenhaus das Licht der Welt. Ein Sonntag, ein neuer Tag – und ein neuer kleiner Erdenbürger. Meine Eltern waren glücklich, und ich selbst war natürlich ahnungslos. Doch was niemand wusste, weder meine Familie noch ich: Meine Geburt war tatsächlich etwas ganz Besonderes. Ich war der 20.000ste Einwohner der Stadt Nürtingen.
Eine solche Zahl, ein Meilenstein, hätte eine kleine Sensation sein können. Der Bürgermeister hatte sogar einen nicht unerheblichen Geldbetrag für dieses besondere Kind vorgesehen – eine schöne Anerkennung für ein Ereignis, das in die Stadtgeschichte eingehen würde.
Doch die Realität hatte andere Pläne. Fünf Minuten nach mir wurde ein weiteres Baby geboren. Und dieses Kind hatte einen besonderen Trumpf: Sein Vater war ein Schornsteinfeger, ein Symbol des Glücks und des Wohlstands. Vielleicht war es nur Aberglaube, vielleicht eine gezielte Entscheidung – doch irgendjemand beschloss, das Glück der Stadt Nürtingen etwas nachzuhelfen. Die Geburtszeit der beiden Kinder wurde kurzerhand vertauscht. Aus mir, dem eigentlich 20.000sten Einwohner, wurde der fast 20.000ste. Und der kleine Schornsteinfegersohn erhielt die Auszeichnung, die eigentlich mir zugestanden hätte.
Ich selbst habe von dieser Geschichte natürlich nichts mitbekommen, als ich in meinem Bettchen lag und friedlich schlummerte. Doch Jahre später, als ich die Wahrheit erfuhr, konnte ich nur innerlich den Kopf schütteln.
Man sagt, das Leben schreibt die besten Geschichten – und manchmal auch die kuriosesten. Dass ein Schornsteinfeger Glück bringen soll, war in Nürtingen offenbar mehr als nur ein Sprichwort. Und so blieb mir nichts anderes, als über die Ironie des Lebens zu schmunzeln.
Ich war schon immer ein kleiner Abenteurer, ständig auf der Suche nach dem nächsten aufregenden Streich. Statt brav auf den Gehwegen zu bleiben, schlängelte ich mich lieber durch Gärten, quetschte mich an Hecken vorbei und bahnte mir geheime Wege, um meine Geschwister zu erschrecken. Doch an einem dieser Tage nahm meine Spielerei eine völlig unerwartete Wendung.
Hinter einer dichten Hecke entdeckte ich plötzlich etwas, das mich sprachlos machte: ein riesiger Haufen voller Geldbeutel. Ich traute meinen Augen kaum – es mussten mindestens 150 sein! Neugierig begann ich, die Portemonnaies zu untersuchen, eines nach dem anderen. Vielleicht, hoffte ich, war in einem davon noch etwas Geld versteckt. Doch die Enttäuschung folgte schnell: Alle waren leer. Kein Geld, aber dafür ein Sammelsurium an Papieren – Ausweise, Führerscheine, Bankkarten. Es war wie ein geheimes Versteck aus einem Krimi.
Für einen Moment fühlte ich mich wie ein Detektiv in einem großen Fall. Was sollte ich tun? Wem konnte ich mich anvertrauen oder was sollte ich unternehmen? Schließlich beschloss ich, einem Klassenkameraden davon zu berichten, dessen Vater bei der Kriminalpolizei arbeitete. Gemeinsam schlichen wir zurück zur Hecke, wo er sich von meinem Fund überzeugte. Was dann geschah, hätte ich nie erwartet.
Innerhalb kürzester Zeit war der Bereich um die Hecke mit flatternden Absperrbändern gesichert. Polizisten wuselten umher, beugten sich über die Geldbeutel und notierten sich Details. Es fühlte sich plötzlich alles viel zu groß für mich an. Mein Freund meinte nur: „Das ist jetzt ein Fall für die Polizei. Wir sollten uns besser raushalten. Also zog ich mich zurück.
Wochen vergingen, und die Geschichte blieb für mich ein Rätsel. Doch dann erfuhr ich durch Zufall, dass sich mein Freund mit meinem Fund geschmückt und reichlich Lorbeeren kassiert hatte. Viele der Besitzer der Geldbeutel waren dankbar, ihre Papiere zurückzubekommen, und zeigten sich großzügig. Doch ich? Ich hatte nichts davon. Kein Finderlohn, keine Anerkennung.
Wieder einmal war ich derjenige, der leer ausging – und das nur, weil ich keine Beweise hatte, dass der Fund auf meine Neugier zurückging. Aber eines blieb mir: die Erinnerung an ein Abenteuer, das mir zeigte, dass die Wahrheit manchmal seltsamere Wendungen nimmt als jede Geschichte.
La voiture volée
Es gab immer wieder Dinge, die mir ins Auge sprangen – Kleinigkeiten, die anderen oft entgingen. Vor unserem Haus war das nicht anders. Der Seitenstreifen, auf dem die Autos parkten, war am Wochenende stets voll, da sich schräg gegenüber eine Diskothek befand. Während viele Fahrzeuge nach ein, zwei Tagen wieder verschwanden, blieben einige länger stehen. Ich kannte die meisten Autos und wusste genau, wem sie gehörten. Doch eines Tages stach mir ein silbernes Auto ins Auge, das nicht dazu gehörte.
Das Kennzeichen verriet mir, dass es aus Schwäbisch Hall stammte – ungewöhnlich in unserer Gegend. Bei genauerem Hinsehen fiel mir auf, dass eine Tür nicht richtig verriegelt war. Das Auto war unverschlossen. Tagelang stand es dort, scheinbar vergessen. Fünf Tage lang beobachtete ich es, grübelte über die seltsame Situation und entschloss mich schließlich, die Polizei einzuschalten. Anders als schon einmal, ging ich diesmal nicht zu meinem Freund, dessen Vater bei der Kripo arbeitete, sondern direkt zur Wache.
Dort schilderte ich meine Beobachtungen und gab meine Personalien an. Zwei Tage später war das Auto verschwunden – abgeschleppt, wie ich vermutete. Für mich war die Sache damit erledigt. Doch zwei Wochen später nahm die Geschichte eine unerwartete Wendung.
An einem Sonntagmorgen klingelte es an unserer Haustür. Ich öffnete und sah einen älteren Mann, der auf eine Krücke gestützt war. Nicht weit entfernt erkannte ich das silberne Auto – das gleiche, das vor Wochen vor unserem Haus gestanden hatte. Mein Vater ging hinunter, um sich mit dem Mann zu unterhalten, rief mich dann jedoch dazu.
Es stellte sich heraus, dass dieser Mann der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeugs war. Er war gekommen, um sich persönlich bei mir zu bedanken. Die Polizei hatte ihm meine Adresse gegeben, nachdem er darauf bestanden hatte, mir persönlich seinen Dank auszusprechen. Und die Geschichte, die er erzählte, war unglaublich.
Der Mann erklärte, dass ihm das Auto vor über einem Monat gestohlen worden war. Doch es war nicht bei einem gewöhnlichen Diebstahl geblieben: Die Täter hatten das Fahrzeug benutzt, um einen Banküberfall zu begehen. Erst durch meine Meldung hatte die Polizei das Auto gefunden und konnte daraus entscheidende Spuren sichern, die zu den Tätern führten. Diese saßen nun hinter Gittern.
Dankbar erzählte der Mann, dass die Polizei gerade überlegt hatte, eine Belohnung für Hinweise auf die Täter auszusetzen – eine Belohnung, die dank meines Hinweises nun überflüssig war. Obwohl er selbst nicht viel Geld hatte, wollte er mir etwas zurückgeben. Mit zitternden Händen überreichte er mir 50 Mark. Für mich war das ein kleines Vermögen – mehr Taschengeld, als ich in einem Jahr bekommen hätte.
Dieser Moment brannte sich in meine Erinnerung ein. Es war nicht nur das Geld, sondern das Gefühl, etwas Wichtiges getan zu haben. Eine weitere ungewöhnliche Episode reihte sich in die Geschichten ein, die ich niemals vergessen werde.
le faux marchand de miel
Der falsche Honighändler
Es war ein kühler Abend im Spätherbst, als es plötzlich an unserer Haustür klingelte. Eine Sprechanlage hatten wir damals nicht, also liefen wir neugierig die Treppe hinunter, um aus dem Flurfenster zu schauen, wer da war. Unten stand ein Mann, der einen silbernen Blecheimer hochhielt. Zu seinen Füßen standen noch drei oder vier weitere. Meine Mutter fragte ihn durch das gekippte Fenster, was er wollte.
„Ich verkaufe Honig, günstig und direkt vom Imker. Hätten Sie Interesse?“ sagte er mit einem Lächeln, das nicht recht zu seiner schmuddeligen Erscheinung passen wollte.
Mutti lehnte höflich ab, und wir gingen wieder in die Wohnung zurück. Der seltsame Vorfall war damit für uns erledigt – zumindest für den Moment.
Am nächsten Tag, nach den Hausaufgaben, machte ich mich wie üblich auf den Weg zu unserem geheimen Versteck. Es lag in einem verwilderten Garten, nicht weit von unserem Haus entfernt. Umgeben von dichten Hecken und Tannen, war dieser Ort unser Rückzugsort, den wir Kinder über ein kleines Schlupfloch erreicht hatten. Heute war ich der Erste, der ankam.
Während ich durch das hohe Gras streifte, bemerkte ich etwas Ungewöhnliches: Ein schwaches Glitzern unter einem Haufen abgebrochener Tannenzweige. Neugierig hob ich die Zweige vorsichtig an und traute meinen Augen kaum – darunter lagen mehrere verschlossene Blecheimer, die genauso aussahen wie die, die der Mann am Abend zuvor bei uns gezeigt hatte. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: War das etwa Diebesgut?
Bald darauf kamen auch meine Freunde. Gemeinsam öffneten wir einen der Eimer. In unserem jugendlichen Leichtsinn kippten wir den Inhalt – satte fünf Liter Honig – über einen Felsbrocken. Was zuerst ein harmloser Spaß war, entpuppte sich bald als unser Fehler. Zuerst tauchte nur eine einzelne Biene auf, dann eine zweite, dann Dutzende. Innerhalb kürzester Zeit summte es überall, und der Himmel schien plötzlich von einem wütenden Schwarm erfüllt. Wir ließen alles stehen und liegen und rannten um unser Leben.
Nach einer hitzigen Diskussion entschieden wir, dass wir die Polizei informieren sollten. Zu fünft marschierten wir auf die Wache und berichteten von unserem Fund. Die Beamten hörten uns skeptisch zu, schickten aber schließlich einen Polizisten mit uns los, um sich die Sache anzusehen.
Als wir zwei Stunden später zu der Stelle zurückkehrten, war die Bieneninvasion wie von Zauberhand verschwunden. Der Honig, den wir verschüttet hatten, war komplett aufgeleckt, aber die restlichen elf vollen Eimer lagen noch unberührt da. Der Polizist nickte nachdenklich und murmelte, dass sie vor Kurzem einen Verdächtigen festgenommen hatten, der für einen Einbruch in ein Bienenhäuschen verantwortlich war.
Wenig später erfuhren wir, dass der Imker überglücklich war, den Großteil seines Honigs zurückzubekommen. Der Dieb, ein drogensüchtiger Mann, hatte den Honig vermutlich als schnelles Geld verkaufen wollen. Und so wurde unser kleiner Ausflug ins Abenteuer zu einer Geschichte, die wir noch lange erzählten.
un plan surnois
Ein hinterhältiger Plan
In den Jahren meiner Kindheit, von fünf bis etwa dreizehn, lebten wir als Kinder förmlich in der Natur. Aufgewachsen in einem kleinen schwäbischen Vorort, waren Wald und Wiesen unser Spielplatz – und der perfekte Schauplatz für kleine Straßenbanden, die immer wieder gegeneinander antraten. Wir und die Kinder aus der Parallelstraße, alle entschlossen, unser Revier zu verteidigen, führten unsere eigenen kleinen „Kriege“: Kämpfe, die meist damit endeten, dass wir uns gegenseitig verprügelten oder die Lager der anderen zerstörten.
Unser Versteck im Wald bauten wir aus Ästen, Zweigen und Laub, fest entschlossen, es gegen die rivalisierende Bande zu verteidigen. Doch ihre Spione waren geschickt, immer darauf aus, den Standort unseres Lagers zu entdecken, um es bei erster Gelegenheit zu zerstören. Wenn beide Gruppen aufeinandertrafen, flogen die Fäuste, und weil wir im Schnitt jünger waren, zogen wir meist den Kürzeren. Doch die Gegenbande scheute auch nicht vor hinterlistigen Tricks zurück.
Einer meiner Klassenkameraden aus der Parallelstraße kam eines Tages unerwartet freundlich auf mich zu und fragte, ob er mein Banknachbar sein dürfe. Argwöhnisch war ich nicht – und ließ mich auf die vermeintliche Freundschaft ein. Es stellte sich jedoch heraus, dass alles ein Plan war, um mich in eine Falle zu locken. Eines Nachmittags überredete er mich, mit ihm in den Wald zu gehen; angeblich wollte er die Seiten wechseln und als Beweis das gegnerische Lager verraten. Doch während wir durch den Wald gingen, bückte er sich plötzlich, hob einen Stock auf und schlug scheinbar ziellos gegen die Bäume – das geheime Zeichen! Wie aus dem Nichts tauchte die gesamte Bande auf, umzingelte mich und nahm mich gefangen.
An Flucht war nicht zu denken. Sie fesselten mich an einen Baum, und dann begann ihr grausames Spiel. Einer von ihnen hatte eine frische Wunde und benutzte sein Blut, um mir eine „Kriegsbemalung“ ins Gesicht zu malen. Ein anderer schüttete Waldameisen in meine Gummistiefel, und ich spürte sofort das schmerzhafte Kribbeln der Bisse. Während ich gefesselt ausharren musste, tanzten sie um mich herum, ließen Ruten auf mich niedersausen und lachten. Schließlich, als die Dämmerung hereinbrach, ließen sie mich allein und machten sich auf den Heimweg. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich das Seil durchgescheuert hatte und mich in der Dunkelheit aus dem Wald heraustasten konnte – ganz allein im stockfinsteren Wald. Jedes Geräusch ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Zu Hause angekommen, war die Sorge meiner Eltern einer ordentlichen Standpauke gewichen.
Doch irgendwann sollte dieser Spuk der Opferrolle ein Ende haben. Mit zwölf war ich alt genug, mir einen Sportverein auszusuchen, und ich entschied mich für Judo. Zwei meiner Geschwister schlossen sich an, und bald trainierten wir regelmäßig im Judoverein Nürtingen. Diese Neuigkeit machte schnell die Runde. Kaum jemand wagte es danach, uns auch nur nahe zu kommen– der Respekt war plötzlich da.
Nur der Anführer der Parallelstraßenbande versuchte es ein paar Jahre später ein letztes Mal. Sie kamen zu fünft, entschlossen, unser gerade gebautes Lager zu zerstören. Ich stellte mich ihnen in den Weg. Als nur der Anführer mich angriff, ließ ich seinen Schwung ins Leere laufen und legte ihn mit einem Wurf aufs Kreuz. Rasch fixierte ich ihn mit einem Armhebel. Seine Freunde wollten ihm zwar helfen, doch der Schmerz, den ich ihm mit meinem Griff zufügte und ihn aufjaulen ließ, hielt sie in sicherem Abstand.
Der Bann war endgültig gebrochen. Danach blieb es friedlich – die Furcht vor weiteren Judogriffen war einfach zu groß.
comme si gagné - tellement détruit
Die Konfirmationszeit ist für viele Jugendliche eine spannende Etappe: Unterricht, Bibelverse auswendig lernen und das erste Gefühl, Verantwortung zu übernehmen. Doch meine Reise hatte einen ganz besonderen Dreh, der sich letztlich zu einer Lektion fürs Leben entwickelte.
Für den gemeinnützigen Teil meiner Vorbereitung sollte ich christliche Kalender verkaufen – 20 Stück zu je 1,80 DM. Trinkgeld durfte ich behalten, was für einen 14-Jährigen natürlich eine großartige Motivation war. Doch die Realität war ernüchternd: Nach stundenlangem Klinkenputzen hatte ich fünf Kalender verkauft und kümmerliche 40 Pfennig Trinkgeld in der Tasche. Das Ganze war mühsam und wenig lohnenswert – frustrierend für jemanden mit großen Träumen.
Während ich einen der Kalender zu Hause betrachtete, fiel mir auf: Es stand nirgends ein offizieller Preis. Eine Idee keimte in mir: Was, wenn ich einfach mehr verlange? Am nächsten Tag startete ich einen neuen Versuch und setzte den Preis auf 2,60 DM. Zu meiner Überraschung zahlten die Leute ohne zu zögern, oft sogar großzügig aufgerundet. Mit neuem Schwung und verbessertem Verkaufsgeschick verkaufte ich an diesem Tag deutlich mehr Kalender – und mein „Trinkgeld“ vervielfachte sich.
Der Erfolg beflügelte mich: Bei jedem weiteren Verkauf hob ich den Preis ein Stück an. Bald war ich bei 9,60 DM pro Kalender angelangt und hatte eine regelrechte Verkaufsmaschinerie aufgebaut. Selbst mein Pfarrer lobte mich für meinen Eifer und vertraute mir weitere 30 Kalender an.
Doch dann kam der große Knall. Am nächsten Morgen wartete der Pfarrer vor meiner Klasse. Mein Herz rutschte in die Hose. Mehrere Käufer hatten sich bei ihm erkundigt, ob der von mir verlangte Preis tatsächlich korrekt sei. In einem Nebenraum stellte er mich zur Rede. Seine Worte waren ernst, und ich fühlte, wie sich Scham und Reue in mir breit machten.
Er forderte mich auf, jedem Käufer die Differenz zu erstatten. Noch heute erinnere ich mich an die beschämenden Momente, als ich an den Türen der Leute stand und ihnen das Geld zurückgab. Mein stolzer „Gewinn“ war dahin – und ich hatte eine schmerzliche, aber wertvolle Lektion gelernt: Ehrlichkeit ist unbezahlbar.
Das Abenteuer hatte zwar meinen Traum vom schnellen Reichtum platzen lassen, aber es hat mir etwas viel Wichtigeres mitgegeben – die Einsicht, dass Charakter und Integrität wichtiger sind als kurzfristige Gewinne.
C'est toujours plus stupide - mais pas beaucoup
Dümmer geht immer - nur eben nicht viel!!!
Manchmal frage ich mich, wie ich so jung und so… sagen wir mal, kreativ-dämlich sein konnte. Aber gut, die Geschichte liegt über 40 Jahre zurück, also lassen wir die Verjährung mal für sich sprechen. Ich hatte schon immer einen leichten Hang zu krummen Wegen – sei es aus Abenteuerlust oder der Hoffnung auf schnelles Geld. Damals hatte ich eine lukrative Methode entwickelt: Autos mit bekannten Defekten günstig kaufen, reparieren und mit Gewinn verkaufen. Klingt clever? Nun ja, bis ich eines Tages an einem BMW hängenblieb, der nicht nur seinen Zylinderkopf, sondern auch den Motor verabschiedet hatte.
Nachdem klar war, dass die Reparatur den Rahmen sprengen würde, beratschlagte ich mit meinen engsten Freunden. Unser genialer Entschluss? Versicherungsbetrug! Keine Sorge, niemand von uns hatte auch nur die leiseste Ahnung, wie das ging. Aber hey, was uns an Wissen fehlte, machten wir mit jugendlichem Selbstbewusstsein wett.
Die erste Aufgabe: Aufbruchspuren. Filmreif schnappten wir uns einen Backstein und zerschmetterten das Dreiecksfenster – was irgendwie weniger dramatisch klang, als es aussah. Dann ging es ans Lenkradschloss. Was wie ein Kinderspiel wirkte, entpuppte sich als die Herausforderung des Jahrhunderts. Nach etlichen gescheiterten Versuchen setzten wir schließlich eine Hebelstange und einen Wagenheber ein, bis es mit einem schaurigen „Knack“ aufbrach. Blöd nur, wir hätten vorher nicht das Schloss einrasten lassen sollen – Anfängerfehler!
Die Elektrik war nicht minder chaotisch. Wir fummelten an den Drähten herum und immer wieder brannten Sicherungen durch. Aber nach unzähligen Fehlversuchen hatten wir das Auto „betriebsbereit“ – also zumindest so, dass man es kurzschließen und starten konnte.
Unser wahres Meisterstück sollte die Inszenierung des großen Verschwindens werden. Das Auto musste weg – und zwar auf Nimmerwiedersehen. Nach einigem Brainstorming war klar: Der Hafen am Neckar würde unser Tatort sein. Der Plan war simpel: Auto anrollen lassen, Gas geben, und platsch – weg ist es. Was kann da schon schiefgehen?
An einem Freitagabend, gestärkt durch ein paar Bier in unserer Stammkneipe, zogen wir los. Zwei Autos – das Opfer und das Fluchtfahrzeug – waren unsere Komplizen. Im Schutz der Dunkelheit rollten wir den BMW etwa 30 Meter entfernt vor die Kaimauer. Der Motor lief, der zweite Gang war eingelegt, und ich setzte vorsichtig einen Stein aufs Gaspedal, um die Drehzahl zu erhöhen und zu halten. Meine Freunde halfen dem Wagen durch Anschieben auf die Sprünge. Mit einem Fuß auf der Straße und einem auf der Kupplung hoppelte ich neben dem Auto her und ließ es schließlich los. Der BMW rollte in Richtung Abgrund – unser Adrenalinpegel stieg.
Und dann: die große Ernüchterung. Statt eines eleganten Sturzes in die Fluten blieb der Wagen wie ein gestrandeter Wal auf einem Vorsprung hängen, der uns im Dunkeln komplett entgangen war. Panisch stürmten wir vor und sahen das Desaster. Unsere Rettung? Mit vereinten Kräften schoben wir das Auto schließlich ins Wasser. Erfolg? Nicht ganz.
Als der Wagen ins Wasser tauchte, passierte das nächste Drama: Der Stein vom Gaspedal fiel auf die Bremse, und plötzlich erstrahlten die Rücklichter in voller Pracht – mitten im Hafen, wie ein schwimmender Weihnachtsbaum! Und als wäre das nicht peinlich genug, hatten wir vergessen, die Fenster zu öffnen. Statt zu sinken, trieb der BMW stolz und festbeleuchtet etwa 30 Meter in den Hafen hinein, bis er schließlich unterging.
Was uns weiterhin entgangen war, dass die Binnenschiffe, die dort vor Anker lagen, nicht unbewohnt waren. Durch die Geräuschentwicklung wurde unsere „Aktion“ von immer mehr Lichtern der umliegenden Schiffe begleitet. Mit pochendem Herzen beobachteten wir, wie das Auto endlich langsam absank – doch selbst auf dem Grund des Hafens leuchteten die Bremsleuchten noch eine ganze Weile. Es war der Moment, in dem uns klar wurde: Wir sind die stümperhaftesten Kriminellen aller Zeiten.
Ja, die Versicherung zahlte. Aber der Nervenkitzel hörte nicht auf. Zwei Jahre später las ich zufällig in der Zeitung, dass der Hafen gereinigt werden sollte. Mein Magen machte einen Satz: Der BMW würde früher oder später auftauchen! Doch zum Glück blieb alles ohne Konsequenzen.
Wenn ich heute daran zurückdenke, sehe ich die Szene wie einen schlechten Film vor mir: drei chaotische Jugendliche, ein nicht kooperativer BMW und eine Reihe von Pannen, die fast zu Slapstick hätten zählen können. Manchmal frage ich mich, wie wir mit dieser Aktion davongekommen sind. Aber eine Sache steht fest: Dümmer geht immer – nur eben nicht viel.
Mit 16 Jahren, einem Freund namens Günther und der unerschütterlichen Gewissheit, dass Abenteuer über Geldmangel triumphieren, machten wir uns auf: Per Anhalter nach Saint-Tropez! Bewaffnet mit riesigen Rucksäcken und dem Traum von Freiheit standen wir am frühen Freitagmorgen an einer Autobahnauffahrt und hielten die Daumen in den Wind.
Der Start: Hoffnung, Euphorie und ein Käfer voller Bierflaschen
Nach nur 30 Minuten stoppte das erste Auto – bis Karlsruhe lief alles wie geschmiert. Schon bald jubelten wir:
"Bonjour, Frankreich!"
Noch ahnten wir nicht, wie turbulent die Reise werden würde. Es dauerte nicht lange, bis ein klappriger, hellblauer VW Käfer hielt. Zwei Hippies, die eher nach Bier als nach Straßenkarte rochen,
winkten uns rein. Ziel: Saint-Tropez! Jackpot! Euphorisiert quetschten wir uns auf die Rückbank, zwischen Bierflaschen und Abenteuerlust.
Kaum losgefahren, sprang der Kofferraumdeckel auf – offenbar gehörte Multitasking nicht zu den Stärken des Fahrers. Die Sicht nach vorne war komplett versperrt. Erst nach mehrmaligem Schulterklopfen hielt er ganz entspannt am Straßenrand und verschloss die Kühlerhaube wieder. Als es dunkel wurde, beschlossen unsere Gastgeber plötzlich, einen Abstecher zu einer Party zu machen. Was bleibt uns übrig? Wir stiegen aus und standen an einer verlassenen Kreuzung irgendwo in Frankreich.
Nächte, die in Erinnerung bleiben
Müde suchten wir uns einen Schlafplatz. Eine weitläufige Wiese unter einem atemberaubenden Sternenhimmel fanden wir ideal. Die Natur schien uns in eine friedliche Umarmung zu hüllen, und wir
ließen uns in unseren Schlafsäcken nieder, bereit für eine erholsame Nacht.
Doch diese Idylle hielt nicht lange. Irgendwann in der Nacht riss mich ein heftiges Rucken aus meinem Schlaf. Zuerst war ich verwirrt, dann hörte ich es: ein schweres, schnaufendes Atmen, das direkt neben mir erklang. Mein Herz setzte für einen Moment aus, als ich spürte, wie etwas Gewaltiges gegen meinen Körper schlug – immer wieder.
In meinem Schlafsack erstarrt, wagte ich kaum zu atmen. Das Atmen und die Geräusche schienen eine Ewigkeit zu dauern, bevor sie sich langsam entfernten. Als mein Herzschlag sich einigermaßen beruhigt hatte, öffnete ich zögerlich den Reißverschluss meines Schlafsacks. Der Anblick, der sich mir im silbernen Mondlicht bot, verschlug mir den Atem: Nur wenige Meter von mir entfernt trottete ein massiver Braunbär durch die Wiese. Sein schwerer Körper schaukelte bei jedem Schritt, und das fahle Licht zeichnete seine mächtige Gestalt wie ein schauriges Gemälde in die Nacht.
Während Günther – mein treuer, aber offenbar unerschütterlich schlafender Begleiter – weiter wie ein Stein schlief, blieb ich starr vor Angst. Der Gedanke, wie nah der Bär uns gekommen war, ließ mich die Minuten wie Stunden erscheinen. Erst, als das Tier schließlich in der Dunkelheit verschwand, wagte ich, mich überhaupt zu rühren.
Von da an war an Schlaf nicht mehr zu denken. Abwechselnd hielten wir Wache, die Blicke nervös in die Schatten gerichtet. Diese Nacht lehrte mich eines: Die Wildnis ist nichts für Weicheier.
Wiedersehen mit den Bier-Hippies – und eine Strandfahrt der besonderen Art
Am
nächsten Morgen, kaum auf der Straße angekommen, tauchte er wieder auf:
der
Käfer! Unser Wiedersehen war so unfassbar, dass wir fast vergaßen, den Daumen hochzuhalten. Dieses Mal brachten uns die Hippies wirklich ans Ziel – mit einem kleinen Extra. Statt am Strand zu
halten, fuhr der Käfer direkt ins Meer! Ja, richtig gelesen: Wir standen bis zu den Knöcheln im Mittelmeerwasser, während der VW Käfer langsam aufgab. Unser Einzug in Saint-Tropez? Ein
Freudentanz um das ertrinkende Auto.
Vom Mistgabel-Bauer bis zum Mord im Hafen
Nach
einem entspannten Tag am Strand suchten wir einen Schlafplatz. Ein ausgetrockneter Graben schien perfekt – bis uns ein französischer Bauer frühmorgens mit einer Mistgabel weckte. Unsere
Französischkenntnisse reichten gerade aus, um zu verstehen, dass wir hier
nicht willkommen
waren.
Frustriert nahmen wir den Bus nach Marseille und planten, von dort den Zug nach Hause zu nehmen. Marseille jedoch hatte seine eigene Vorstellung von Abenteuer: Da wir kein Geld mehr für ein Hotel hatten, wollten wir die Nacht durchmachen. Tief in der Nacht stolperte ein Mann aus einer Bar, fiel uns direkt vor die Füße – mit einem Messer im Rücken! Panisch rannten wir, bis wir sicher am Strand ankamen. Hier warteten wir auf den Morgen, schlaflos, zitternd und mit nur einem Wunsch: Bitte, lass uns nach Hause kommen.
Das Ende: Erschöpft, aber reich an Geschichten
Im
Zug zurück nach Deutschland fielen wir in einen komatösen Schlaf. Bis zur Grenze träumten wir von Braunbären, Bier-Hippies und dem Moment, als wir beschlossen hatten,
Per Anhalter nach Saint-Tropez
zu fahren. Ein Abenteuer, das uns für immer begleiten würde – ob wir wollten oder nicht!
Schon als kleines Kind konnte ich meinen Blick nicht von Motorrädern abwenden. Jedes Röhren eines Motors ließ mein Herz höherschlagen, und ich wusste: Eines Tages würde ich selbst auf einer Maschine sitzen!
Mit 14 war die Geduld endgültig am Ende – also schnappte ich mir heimlich Papas Moped und drehte meine ersten „inoffiziellen“ Runden. Zwei Jahre später wurde es dann ganz offiziell meins, und ich durfte endlich legal fahren. Doch das reichte mir nicht: Nach der Schule jobbte ich in einem Motorradladen, wo ich neben dem Schrauben an Maschinen gelegentlich auch mal eine große Kundenmaschine für ein paar verbotene Testfahrten „ausführte“.
Mit 18 erfüllte ich mir schließlich meinen großen Traum – eine Kawasaki mit 1000 Kubik stand nun in meiner Garage! Doch meine Leidenschaft kannte keine Grenzen. Mit 20 schraubte ich als Mechaniker in einem Rennstall und durfte dort ab und zu selbst eine Maschine der Deutschen Meisterklasse bewegen. Bis zu meinem 30. Lebensjahr stapelten sich dann bis zu 13 Motorräder gleichzeitig in meiner Garage – jede einzelne ein Teil meiner Geschichte.
Doch wie das mit großen Leidenschaften so ist: Manchmal zahlt man einen Preis.
Einmal verschätzte ich mich in der Geschwindigkeit, zog die Bremse zu hart – das Vorderrad rutschte weg. Ich schlitterte über den Asphalt und kam erst zum Stillstand, als ich unter einem querenden Bus lag.
Wie durch ein Wunder blieb ich unverletzt. Mein Motorrad? Nicht so sehr. Der Bus hatte es einmal komplett plattgewalzt.
Trotz allem blieb meine Leidenschaft ungebrochen. Denn wenn man einmal das Gefühl gespürt hat, mit der Maschine zu verschmelzen, den Wind zu spüren und den Asphalt unter sich zu beherrschen – dann gibt es kein Zurück. 🏍🔥
Ungebremst in Käfer
Es war ein wunderschöner Spätnachmittag, die Straßen trocken und das Wetter klar. Ich war mit meiner 1000er Kawasaki flott unterwegs, der kernige Sound meines Rennauspuffs in den Ohren. Hinten auf dem Sozius saß meine Freundin, fest um mich geklammert. Kurz vor einer Ortschaft bemerkte ich ein Auto, das sich von rechts meiner Vorfahrtsstraße näherte. Vorsichtshalber ging ich vom Gas, bereitete mich auf eine mögliche Bremsung vor und beobachtete den Fahrer genau. Als das Auto an der Haltelinie zum Stehen kam, beschleunigte ich wieder.
Doch in diesem Moment geschah das Unfassbare: Der Fahrer schaute nicht nach links, in meine Richtung, sondern nur nach rechts. Und weil von dort kein Fahrzeug kam, fuhr er einfach los. Es blieb mir keine Zeit mehr zu reagieren. Mit etwa 80 km/h krachte ich ungebremst in die Front des alten VW Käfers. Meine Freundin und ich wurden wie Puppen aus dem Sattel gerissen und über das Auto hinweg katapultiert.
Nach etwa 15 Metern knallte ich auf den Asphalt. Doch mein jahrelanges Judo-Training zahlte sich aus. Instinktiv zog ich meinen Arm schützend über den Kopf, rollte reflexartig ab und kam – unglaublich, aber wahr – auf den Füßen zum Stehen. Benommen starrte ich auf meine Hände, tastete mich ab. Kein Kratzer, keine sichtbare Verletzung.
Dann fiel mein Blick auf meine Freundin. Sie lag, weitere 15 Meter entfernt, regungslos auf dem Boden, mein zertrümmertes Motorrad hinter mir. Mein Herz raste, doch in meiner Schockstarre wandte ich mich zuerst meinem Motorrad zu, das zerstört auf der Straße lag. Erst nach ein paar Schritten hielt ich inne, realisierte, was ich da tat, und drehte um. Meine Freundin war natürlich wichtiger.
Sie hatte es schwer erwischt. Anders als ich, beherrschte sie die Fallschule nicht. Sie war unkontrolliert gelandet, mit Händen und Knien zuerst. Ihre Verletzungen waren entsprechend schlimm.
Dieser Moment brannte sich in mein Gedächtnis ein: die Stille nach dem Aufprall, das Röcheln des Motors, der Blick auf meine schwer verletzte Freundin. Ein Augenblick, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte.
Rückblickend kann ich nur den Kopf schütteln über das, was ich früher so getrieben habe. Heute würde ich es aufs Schärfste verurteilen – aber damals? Damals schien es eine glänzende Idee zu sein, sich nach einem feuchtfröhlichen Abend auf das Motorrad zu schwingen.
Meistens hatte ich vorgesorgt: Mein Motorrad wurde vorsichtshalber bereits in Fahrtrichtung geparkt – nicht etwa aus Weitsicht, sondern weil das Rangieren in betrunkenem Zustand meist damit endete, dass die Maschine umfiel. Aber an einem Abend übertraf ich mich selbst.
Laufen? Fehlanzeige. Geradeaus? Ein Konzept, das mir in diesem Moment fremd war. Zwei so genannte "Freunde" hievten mich auf mein Motorrad – nicht aus Sorge um meine Sicherheit, sondern vermutlich, weil sie die Show nicht verpassen wollten. Und dann ging’s los: eine wahnwitzige Aufholjagd.
Fünf Kumpels waren bereits voraus gefahren, Ziel war das Bierzelt im Nachbardorf. Ich ließ den Zügeln freien Lauf – also genauer gesagt, ich gab Vollgas – und versuchte, sie einzuholen. Kurz vor der berüchtigten Mühlekurve, einer gemeinen 110-Grad-Biegung, hatte ich sie endlich im Blickfeld.
Jetzt war Showtime! Ich wollte beeindrucken, legte die Maschine in eine spektakuläre Schräglage und zog durch. An drei Kumpels kam ich noch vorbei – dann wurde es rutschig.
Zack! Den ersten Kollegen streifte ich am Hinterrad, den zweiten nahm ich mit in den Acker. Mein grandioser Stunt endete mit einem kräftigen "Klonk" gegen einen Straßenpfosten, der meine Flugbahn abrupt stoppte. Dort lag ich nun – auf dem Rücken wie ein hilfloser Maikäfer.
Aber wir waren ja hart im Nehmen! Maschinen aus der Wiese gezogen, ein paar Kratzer begutachtet, Schulterzucken – weiter geht’s! Im Bierzelt angekommen, musste ich dafür natürlich eine Runde schmeißen.
Doch als wir gerade die Krüge zum Prost! hoben, ließ mein Schockzustand nach – und mit ihm spritzte plötzlich eine pulsierende Blutfontäne aus meinem Handgelenk direkt auf den Tisch.
Erst jetzt sah ich, dass ich mir bei meinem kleinen Ausritt das Handgelenk bis auf den Knochen abgeschabt hatte. Aber keine Panik! Ein Lappen, ein improvisierter Druckverband – fertig.
Im Dorf suchten wir einen Arzt auf. Der musterte mich und fragte neugierig: „Und wie ist das passiert?“
Ich, immer noch mit dem Helm am Arm, schaute ihn ernst an und sagte: „Tja, mit dem Dreirad in den Graben gefahren…“
Er grinste. Ich grinste. Wir wussten beide, dass das die schlechteste Ausrede aller Zeiten war.
Doch der eigentliche Katzenjammer kam erst am nächsten Tag – als ich endlich wieder nüchtern mein Motorrad betrachtete. Aua. 😬🏍
Von Anfang an hatte ich ein ungutes Gefühl mit dieser Kette. Extra für die Fahrt nach Stuttgart hatte ich mir einen neuen Kettensatz gegönnt – schließlich wollte ich sicher hin und zurückkommen. Doch schon am Zielort hing das Ding durch wie eine ausgelutschte Gummiband. Also nachgespannt, gefettet und weiter ging’s.
Einige Tage später, beim Start der Rückreise, musste ich erneut nachspannen. Ich gönnte der Kette einen dicken Ölfilm und hoffte, dass sie bis nach Hause halten würde. Bei jedem Tankstopp prüfte ich sie sorgfältig, doch es schien alles in Ordnung. Noch knapp 260 Kilometer bis Berlin – fast geschafft.
Ich beschleunigte. Die Straße war frei, es ging leicht bergauf und ich drehte am Gasgriff. 200, 220… 240 km/h. Und dann – BÄÄÄÄM! Ein lauter Knall. Dann Totenstille.
Der Motor war aus. Ich rollte nur noch, langsam werdend, bergab. Die nächste Ausfahrt kam in Sicht, und mit dem letzten Schwung schaffte ich es auf den Standstreifen. Mein Herz raste. Was zum … war passiert?
Ich stieg ab und sah es sofort: Hinter mir zog sich eine lange Ölspur bis zu meinem Motorrad, unter mir breitete sich ein riesiger Ölfleck aus. Ich kniete mich hin – und da war die Ursache: Die Kette war gerissen.
Doch das war nicht alles. Die durchgerissene Kette hatte nicht nur den Rahmen hinten durchtrennt, sondern auch den Motor gespalten – daher das auslaufende Öl. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie knapp ich dem Tod entgangen war.
Denn normalerweise gibt es bei einem Kettenriss nur zwei mögliche Szenarien:
Aber ich? Ich stand unverletzt neben meiner Maschine. Gott sei Dank.
Das Motorrad war ein Totalschaden. Ich stellte es irgendwo sicher ab und trampte nach Berlin. Ein paar Tage später holte ich es mit einem Freund ab, zerlegte es in Einzelteile und verkaufte, was noch zu gebrauchen war.
Und die Kette? Die reklamierte ich natürlich. Der Hersteller zeigte sich großzügig – und erstattete mir den Preis für die Kette. Wie großzügig…
Aber was soll’s? Ich hatte mein Leben behalten. Und das ist unbezahlbar.
Es war eine dieser wilden Zeiten: Nach der Arbeit trafen wir uns regelmäßig am Baggersee, feierten, tranken und rauchten. Alkohol und Haschisch gehörten natürlich dazu, auch wenn ich prinzipiell darauf achtete, die beiden nicht zu mischen – das bekam mir nie. Doch an diesem Abend, später als sonst, ließ ich mich wieder einmal überreden. Meine Frau wollte unbedingt noch einen Joint drehen, und wie so oft konnte ich nicht Nein sagen. Ein Zug – das reichte, um mir den Kopf mächtig schwindelig zu machen.
Der Kleine, der hinten im Auto schlief, wurde plötzlich wach und machte klar, dass er heim wollte. Ich wusste, dass es eine schlechte Idee war, ausgerechnet jetzt zu fahren, doch ich ließ mich überreden. Ein großer Fehler.
Mit aller Kraft und Konzentration schaffte ich es, den Wagen langsam in Bewegung zu setzen. Behutsam rollte ich über die Schotterpiste Richtung Hauptstraße, als mir plötzlich ein Auto mit grellem Fernlicht entgegenkam. Genervt blendete ich auf, um ihm ein Zeichen zu geben. Der Fahrer reagierte prompt: Das Fernlicht ging aus, dafür aber sein Blaulicht an. Polizei. Mein Herz rutschte in die Hose.
Das Einsatzfahrzeug blockierte meinen Weg und ein Polizist stieg aus. „Führerschein und Fahrzeugschein, bitte“, forderte er. Ich kramte unkoordiniert in meiner Geldbörse herum, öffnete sie versehentlich falsch herum, und sämtliche Papiere fielen heraus. In der Dunkelheit tastete ich hektisch den Fußraum ab, ohne Erfolg. Frustriert wollte ich das Innenlicht einschalten – oder besser gesagt, ich dachte, ich wüsste, wo der Schalter war. Stattdessen fuchtelte ich durch das geöffnete Schiebedach ins Leere.
Der Polizist beobachtete das Chaos und fragte schließlich: „Haben Sie Alkohol getrunken?“ Ich wusste, dass ich nichts mehr verbergen konnte, und gestand, dass ich völlig stoned war. Er nickte nur: „Das werden wir gleich prüfen.“
Er ging voraus zu seinem Wagen, um ein Alkoholtestgerät zu holen. Ich kämpfte mich derweil aus meinem Auto, hielt mich an der Tür fest und visierte die Polizeikarosse mit wackeligen Schritten an. Mit viel Schwung erreichte ich den Wagen – leider zu viel Schwung. Ich landete mitsamt dem Polizisten auf der Rückbank.
Nach dem peinlichen Intermezzo pustete ich ins Röhrchen. „Stimmt, Sie haben Alkohol getrunken“, stellte der Beamte nüchtern fest. Zu meiner Überraschung blieb er freundlich, wohl wegen meines Sohnes auf der Rückbank. Ich durfte den Wagen noch an den Rand fahren, die Schlüssel abgeben und sie am nächsten Tag auf der Wache abholen.
Am nächsten Morgen holte ich die Schlüssel – keine Strafe, keine weiteren Konsequenzen. Unglaublich, wie viel Glück ich gehabt hatte! Das musste gefeiert werden. Ich schnappte mir das Auto, meine Frau und den Kleinen und fuhr zurück zum Baggersee.
Kaum hatten wir den nächsten Joint ausgemacht und die Wirkung setzte ein, tauchte erneut ein Polizeiwagen auf. Diesmal blieben wir ruhig: Wir saßen ja nur im Auto und fuhren nicht. Ein Beamter stieg aus und ging direkt auf uns zu. Die Scheiben waren bereits heruntergekurbelt.
„Führerschein und Fahrzeugschein“, forderte er. Er schien mich nicht zu erkennen, doch als er die Papiere prüfte, hielt er inne. „Hatten wir uns nicht erst gestern gesehen?“ fragte er verwundert. Ich zuckte mit den Schultern und grinste: „Ja, aber heute bin ich nicht gefahren und habe ich nichts getrunken.“
Der Polizist nickte, gab mir die Papiere zurück und wünschte mir eine gute Fahrt. Dieses Mal hatte ich erneut mehr Glück, als ich verdiente. 🙈
Atemschutzmasken sollen Leben retten. Aber bevor sie das können, muss man sie erstmal richtig benutzen. Und weil Theorie allein nicht reicht, gibt es bei der Bundeswehr die „Gaskammer“ – einen Raum voller reizender Dämpfe, die einem das Frühstück noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Eines Tages stand mal wieder eine Übung an. Maske auf, rein in den Raum, zwei Reihen gegenüber aufgestellt. In der Mitte ein Hindernis, damit wir uns die Masken zuwerfen mußten und nicht einfach nur überreichen konnten – wahrscheinlich aus gutem Grund. Die erste Aufgabe: Prüfen, ob die Maske richtig sitzt. Wer das verkackt, bekommt postwendend eine olfaktorische (den Geruchssinn betreffend) Abreibung, die sich gewaschen hat. Die zweite Aufgabe war schon etwas… sportlicher: Maskentausch mit dem Gegenüber.
Mein Pech – oder besser gesagt, sein Pech – wollte es, dass mir genau der Typ gegenüberstand, mit dem ich noch eine kleine Rechnung offen hatte. Der Befehl kam: „Masken tauschen!“ Also Luft anhalten, Maske abziehen und dem Gegenüber zuwerfen.
Er warf mir seine Maske zu, und ich fing sie geschickt auf. Aber meine? Die behielt ich einfach in der Hand. Während mein Gegenüber panisch mit weit aufgerissenen Augen auf seine leeren Hände starrte, setzte ich mir genüsslich seine Maske auf und begann schallend zu lachen.
Er ruderte wild mit den Armen, sein Gesicht lief rot an – ich wartete. Und wartete. Und als seine Panik auf Höchststufe war, warf ich ihm endlich seine Maske zu. Dummerweise zu spät.
Er riss die Maske an sich, versuchte sie noch aufzusetzen – doch das Gas hatte bereits sein Werk getan. In einer grandiosen Explosion erbrach er sich direkt in seine Maske. Fluchend, würgend und mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung sprintete er aus dem Raum.
Die ganze Nummer blieb natürlich nicht unbemerkt. Der Kommandierende sah sich das Spektakel an – und bescherte mir prompt einen wohlverdienten Tag im „Café Viereck“. Ein weiters kleines Opfer für eine meiner guten Ideen meiner Bundeswehrzeit. 😎
Es war ein frostiger Wintertag, die Kälte biss ins Gesicht, und als wäre das nicht genug, rief unser Hauptfeldwebel auch noch ABC-Alarm aus. Also Maske auf, schweres Gepäck geschultert und losmarschiert.
Jetzt wusste ich aus leidvoller Erfahrung, dass das Atmen unter dieser verdammten Gasmaske einer Hochleistungssportart gleicht. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich nicht eine geniale Idee gehabt hätte! Um mir das Leben leichter zu machen, entfernte ich vor der Übung die Membran, die normalerweise die ausgeatmete Luft nach draußen befördert. Der Plan: weniger Widerstand, freies Atmen – ein Meisterwerk an Improvisation! Dachte ich jedenfalls…
Kaum hatte der Marsch begonnen, merkte ich, dass ich vielleicht etwas Wichtiges übersehen hatte. Innerhalb weniger Schritte beschlug meine Maske von innen so sehr, dass ich praktisch blind war. Ich konnte gerade noch einen verschwommenen Schatten vor mir erkennen – solange wir marschierten, war das halbwegs machbar.
Doch dann kam der Befehl: „Luftangriff 11 Uhr! In Deckung!“
Alle warfen sich hinter Bäume und sicherten die Richtung. Alle – außer mir. Ich hatte jegliche Orientierung verloren und – man ahnt es – meine Waffe direkt auf meine eigenen Kameraden gerichtet.
Plötzlich brüllte der Kommandierende: „Gefreiter Modler, suchen Sie sich gefälligst eine Deckung!“
Panisch begann ich, mit meinem freien Arm in der Gegend herumzufuchteln, in der Hoffnung, irgendetwas Baumähnliches zu finden. Und tatsächlich – ich stieß gegen einen soliden Widerstand! Erleichtert kauerte ich mich dagegen und atmete auf.
Dumm nur, dass es kein Baum war. Es war ein Major, der diese ganze Übung beobachtete.
Der schüttelte verständnislos den Kopf, dann dröhnte es durch den Wald: „Sind Sie hier auf eine warme Ader gestoßen, Soldat?!“
Tja, wieder einmal war ich der unangefochtene Lacher der Kompanie – und mein improvisiertes Atemsystem sicherte mir nicht etwa Erleichterung, sondern einen zusätzlichen Tag im „Café Viereck“. Fazit: Manchmal ist es doch besser, einfach zu atmen, wie es vorgeschrieben ist. 😅
Rückfälle sind Mist. Aber sie passieren – genau deswegen flog ich mal wieder aus meiner Therapie und fand mich in einer Adaption wieder. Eine Art betreutes Wohnen, allerdings mit der extra Würze: sich arbeitstechnisch organisieren. Super, dachte ich. Genau, was ich brauchte. Und dann kam das Wochenende.
Ich hatte Großes vor: ein Rockkonzert. Nur eins war mir von Anfang an klar – nüchtern würde ich da nicht hingehen. Blöd nur, dass es im Haus ein striktes „Kein Alkohol“-Gesetz gab. Und natürlich würden die Therapeuten sicherstellen, dass niemand mit einem gepflegten Restpegel durch die Gänge taumelt. Also schmiedete ich einen Plan.
Ich meldete mich für das gesamte Wochenende offiziell ab. Elternbesuch, wie immer eine unschlagbare Ausrede. Mein geheimer Plan? Nach dem Konzert spät nachts ins Haus schleichen, mich in mein Bett werfen und den Rausch dort in Ruhe ausschlafen. Ich dachte, ich hätte den Dreh raus.
Und tatsächlich: Um 1 Uhr nachts kam ich heim. Leise wie ein Ninja schlich ich mich ins Zimmer, fiel ins Bett und war schon bald im Tiefschlaf. Alles lief perfekt – bis ich am nächsten Morgen von Stimmen im Treppenhaus geweckt wurde.
Noch halb verschlafen lauschte ich an der Tür. Es klang nach... Zimmerkontrolle?! Mein Therapeut war eine Etage tiefer und arbeitete sich offenbar nach oben vor. Schweißausbruch. Abhauen? Keine Chance. Mein Hirn schaltete in den Überlebensmodus. Es gab nur eine Möglichkeit: der Schrank.
Wie ein geübter Schrankbewohner kauerte ich mich zwischen meine Jacken und zog die Tür hinter mir zu. Mein Herz pochte wie verrückt. Sekunden später hörte ich das Klacken des Schlüssels in meiner Zimmertür. Schritte. Mein Puls war so laut, dass ich Angst hatte, er würde mich verraten. Und dann passierte, was nicht passieren durfte: Die Schranktür öffnete sich.
Da stand er. Mein Therapeut, völlig ahnungslos mit weit aufgerissenen Augen. Instinktiv schrie ich: „Booh!“
Seine Reaktion? Eine Mischung aus Schock und Actionfilm. Er zuckte so heftig zusammen, dass er förmlich von einer unsichtbaren Hand rückwärts gegen die Wand geschleudert wurde und auf den Boden sank. Für einen Moment starrten wir uns beide völlig sprachlos an. Ich war nicht sicher, wer von uns beiden mehr Angst hatte.
Nachdem ich mich von meinem Schock erholt hatte, kroch ich aus dem Schrank und half ihm wieder auf die Beine. Natürlich blieb mir nichts anderes übrig, als die Wahrheit zu beichten. Es folgte die unvermeidliche Alkoholprobe – negativ. Ein kleines Wunder.
Und so blieb die Sache für mich ohne Konsequenzen. Na ja, außer der Tatsache, dass ich mich wohl nie wieder vor meinem Therapeuten würde verstecken können, ohne dass er an einen Herzinfarkt denkt.
Rückblickend ist diese Geschichte eine Mischung aus Lehrstunde und Comedy. Wenn ich eines gelernt habe: Manchmal ist Ehrlichkeit wirklich der bessere Weg. Oder ein verdammt guter Schrank.
Mein Vater und ich – das war von Anfang an eine stürmische Beziehung. Sein Streben nach Perfektion war für mich eine Mauer, die ich nie erklimmen konnte. Es schien, als könnte ich ihm nie gerecht werden. Stattdessen suchte ich Anerkennung in Freundschaften, während er, umgeben von seiner Unnachgiebigkeit, fast allein blieb.
Doch das Leben hat manchmal seine eigenen Pläne. Der Wendepunkt kam an einem meiner dunkelsten Tage. Verzweifelt, von der Sucht zerfressen und ohne ein Dach über dem Kopf, klopfte ich eines späten Abends an seine Tür – mehr aus Verzweiflung als aus Hoffnung.
Er öffnete. Kein Vorwurf, kein Hadern. Stattdessen sah ich zum ersten Mal eine ausgestreckte Hand. Ich durfte eintreten, duschen, meine zerschlissenen Klamotten waschen, essen – ja, sogar bleiben. Für die nächsten Tage half er mir, mein Leben ein Stück weit in Ordnung zu bringen. Gemeinsam räumten wir die Spuren meiner gescheiterten Existenz auf, er begleitete mich zur Entgiftung und sorgte dafür, dass ich den nächsten Therapieplatz antrat.
In diesen Tagen lernte ich den Menschen kennen, der sich hinter der Fassade meines Vaters verbarg. Zum ersten Mal hörte ich von seinen Ängsten, seinen Kämpfen, seiner Vergangenheit. Und zum ersten Mal erzählte auch ich von meinen Wunden und er hörte zu.
Aus diesem ungewohnten Miteinander wuchs eine Freundschaft, die bis zu seinem letzten Atemzug Bestand hatte. Jeder Geburtstag brachte mir nun einen Blumenstrauß aus seiner Hand, jede Woche ein langes Telefonat, jedes Heimkommen eine leere Agenda – denn ich stand dann im Mittelpunkt seines Lebens.
Eine besondere Erinnerung bleibt tief in meinem Herzen: ein Abend in der kleinen Kirche in Oberensingen. Ein Gospelkonzert zog uns beide dorthin, in die hinterste Reihe. Während die Musik erklang, sah ich Tränen über sein Gesicht laufen. In diesem Moment war ich mir sicher: Gott berührte ihn.
Mein Vater verließ diese Welt, bevor ich mich ganz von den Stürmen meines Lebens erholt hatte. Doch ich halte mich an der Hoffnung fest, dass ich ihn eines Tages wiedersehen werde – im Frieden, den Gott uns beiden geschenkt hat, in der Ewigkeit.
Diese Versöhnung, so spät sie auch kam, ist eines der größten Geschenke meines Lebens. Ich bin unendlich dankbar, dass wir am Ende nicht nur Vater und Sohn waren, sondern echte Freunde.
Alfons, das außergewöhnliche Rosenköpfchen
Es gibt eine Vogelart, die passenderweise "Unzertrennliche" genannt wird – bekannt für ihre innige Bindung an ihre Partner. Doch mein Rosenköpfchen Alfons war eine Ausnahme. Ich entschied mich bewusst, nur einen Vogel zu halten, in der Hoffnung, dass er eine besondere Verbindung zu mir aufbauen würde. Und Alfons erfüllte diese Hoffnung auf eine Weise, die mich bis heute bewegt.
Von Anfang an war Alfons auf mich fixiert. Er lernte sogar, seinen eigenen Namen zu sagen – eine Seltenheit bei Rosenköpfchen. Er wurde mein treuer Gefährte, der keinerlei Scheu zeigte, sich in meine Hand zu setzen oder auf meiner Schulter durch die Wohnung zu spazieren. Doch wehe, jemand anderes wagte es, ihm nahe zu kommen! Mit seinem kräftigen Schnabel verteidigte er seinen Platz in meinem Leben so entschlossen, dass selbst mein Vater die schmerzhafte Lektion lernen musste: Alfons konnte ordentlich zupacken.
Seine Abenteuerlust war grenzenlos. Morgens kroch er gerne unter meine Achsel, um mit mir zusammen weiterzuschlafen, und wehe, ich wagte es, mich im Schlaf zu drehen. Er schimpfte lautstark, hüpfte auf die Decke und beschwerte sich, als würde er mich erziehen wollen. Draußen faszinierte er die Nachbarn: Alfons saß auf meiner Schulter, flatterte kurz davon, drehte eine Runde und kehrte dann stolz zurück. Ein kleines Schauspiel, das regelmäßig für erstaunte Blicke sorgte.
Sogar wenn ich im Urlaub war, fand Alfons kreative Wege, sich zu beschäftigen. Mit einer Schüssel Wasser, Futter und einem kleinen Körbchen ausgestattet, begann er mit beeindruckender Präzision ein Nest zu bauen. Stück für Stück zerlegte er das Körbchen, transportierte die Hölzchen geschickt mit seinem Bürzel und baute sich in einer kleinen Schachtel ein kunstvolles Nest, das er schließlich mit Eiern füllte – auch wenn diese unbefruchtet blieben. Es war, als hätte er seine eigene kleine Welt erschaffen, um meine Abwesenheit zu überbrücken.
Doch wie oft im Leben währte dieses Glück nicht ewig. Alfons' unerschütterliche Neugier wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Eines Tages, als die Nachbarn mit ihrem Dackel zu Besuch kamen, passierte das Unfassbare. Alfons, mutig wie immer, flog auf den Hund zu – ohne zu wissen, dass dieser auf das Jagen kleiner Vögel spezialisiert war. Ein kurzes Zupacken, ein Schockmoment, und Alfons lag am Boden. Doch in seinen letzten Augenblicken fand er die Kraft, zu mir zu fliegen und sich fest an meine Brust zu klammern, bevor er für immer einschlief.
Der Verlust von Alfons war ein schmerzlicher Moment, aber er bleibt unvergessen – ein kleiner Vogel mit einer großen Persönlichkeit, der mein Leben mit seiner Treue, seinem Mut und seiner einzigartigen Art bereicherte.
Bike-Abenteuer Amsterdam: Ein Motorrad Trip voller Adrenalin und Gefahr
In unseren wilden Sturm-und-Drang-Zeiten zog es uns immer wieder nach Amsterdam. Die Stadt versprach Abenteuer, Freiheit und unvergessliche Erlebnisse. Eines Tages machten wir uns zu viert auf unseren Motorrädern auf den Weg und schlugen unser Lager auf einem Campingplatz etwas außerhalb der Stadt auf. Zwei Zelte, vier Freunde und ein Plan: die Nacht im pulsierenden Herzen Amsterdams erleben.
Am Abend fuhren wir ins Zentrum, parkten unsere Maschinen unweit einer Diskothek und stürzten uns ins Nachtleben. Uns war bewusst, dass Amsterdam nicht nur für seine Schönheit bekannt ist, sondern auch als heißes Pflaster gilt. Deshalb hielten wir unsere Jacken verschlossen, unsere Habseligkeiten nah bei uns und wechselten uns ab, um regelmäßig nach den Motorrädern zu sehen.
Als ich an der Reihe war, nach den Bikes zu sehen, traf mich der Schlag: Ein Mann hantierte mit einem Messer am Lenkradschloss meines Motorrads. Ohne zu zögern sprintete ich hinüber und stellte ihn zur Rede. Doch statt einer Erklärung schubste er mich zur Seite und fragte dreist, ob das überhaupt mein Motorrad sei. Reflexartig griff ich nach meinem Schlüssel – doch meine Jackentasche war offen, und der Schlüssel war verschwunden.
Inzwischen hatten meine Freunde bemerkt, dass etwas nicht stimmte, und kamen hinzu. Die Situation spitzte sich zu. Zwei Verdächtige, die sich schon länger in unserer Nähe aufhielten, gerieten ins Visier. Weitere Schaulustige gesellten sich hinzu, und eine beunruhigende Menschenmenge bildete sich. Die Luft knisterte vor Spannung.
Gerade noch rechtzeitig näherte sich ein Polizeiwagen. Ich stoppte ihn und schilderte die Situation. Die Beamten durchsuchten die Verdächtigen – und tatsächlich, einer von ihnen ließ heimlich meinen Schlüssel fallen. Doch die Polizei schien mehr an einem schnellen Abzug interessiert zu sein, als die Lage unter Kontrolle zu bringen. Sie nahmen die beiden Männer mit, doch die aggressive Menge blieb zurück.
Plötzlich schlug die Stimmung um. Einer meiner Freunde bekam einen Faustschlag ins Gesicht, ein Zahn ging zu Bruch. Eine wilde Verfolgungsjagd begann. Mit knapp zwanzig Verfolgern im Nacken rannten wir um unser Leben, bis uns eine vorbeifahrende Straßenbahn rettete, die unseren Verfolgern den Weg abschnitt.
Erst Stunden später, als die Straßen leergefegt waren, wagten wir uns zurück zu unseren Motorrädern und verließen das Zentrum der Stadt. Am nächsten Morgen suchten wir die Polizei auf, um Anzeige zu erstatten. Doch statt Unterstützung bekamen wir nur einen eindringlichen Rat: Verlasst die Stadt so schnell wie möglich. Die zuvor Verhafteten waren längst wieder auf freiem Fuß – und auf der Suche nach uns.
Mit einem ausgeschlagenen Zahn, aufgebrochenen Schlössern und einem gestohlenen Helm verließen wir Amsterdam. Reicher um eine Erfahrung, die uns noch lange begleiten sollte. Ein Abenteuer, das uns zeigte, dass Freiheit und Risiko oft nur einen Herzschlag voneinander entfernt liegen.
Pups der Gockel – Ein Huhn mit Persönlichkeit
Manchmal sind die besten Abenteuer die, die man nicht plant. So begann die Geschichte von Pups, meinem ganz besonderen Gockel, an einem Ort, den man nicht gerade mit tierischer Rettung in Verbindung bringt: einer riesigen Hühnerfarm. Zwischen tausenden winziger, gelber Küken traf ich eine spontane Entscheidung – zwei davon sollten eine Chance auf ein Leben in “Freiheit” bekommen. Also steckte ich je eines in meine Hosentaschen und schlich mich davon.
Das Abenteuer begann zunächst mit Höhen und Tiefen. Die beiden Küken wohnten auf meiner Terrasse in einem Vogelkäfig, durften aber meistens frei herumlaufen. Doch eines Tages, nach einem kurzen Einkauf, fand ich eines der Küken tot in der Toilette – ein tragischer Unfall. War wohl hineingerutscht und ertrunken. Das machte mich umso entschlossener , dem anderen Küken, das ich liebevoll "Pups" taufte, ein gutes Leben zu ermöglichen.
Pups war kein gewöhnliches Huhn. Er wurde schnell zu meinem Begleiter in allen Lebenslagen. Ob auf dem Flohmarkt, wo er die Menschen mit seiner Schaukel-Show im Vogelkäfig zum Lachen brachte, oder am Baggersee, wo er mutig unsere Decke gegen Hunde verteidigte – Pups war immer dabei. Seine Treue war bemerkenswert: Er folgte mir auf Schritt und Tritt, nie mehr als fünf Meter entfernt. Selbst auf ein Motorradtreffen nahm ich ihn mit, wo er sein Lager im präparierten Topcase fand. Ein echter Star unter den Bikern!
Mit der Zeit wurde aus dem kleinen Küken ein stattlicher Gockel – und das brachte ganz neue Herausforderungen. Sein "Gesang" im Stimmbruch klang eher wie ein verstimmtes Instrument und sorgte in der Nachbarschaft für Aufruhr. Beschwerden häuften sich, und schließlich musste ich schweren Herzens eine neue Bleibe für ihn finden. Auf einer Hühnerfarm, auf der die Tiere frei leben konnten, ließ ich Pups zurück, beobachtete ihn noch eine Weile am Zaun und verabschiedete mich.
Doch diese Geschichte hat ein wundervolles Ende. Zwei Jahre später führte mich der Zufall in die Gegend der Farm zurück. Ohne große Hoffnung stellte ich mich an den Zaun und rief seinen Namen. "Pups!" Zunächst tat sich nichts, aber dann – wie aus einem Film – tauchte ein Gockel aus der Menge auf. Zögerlich, aber unübersehbar: Es war Pups. Er erkannte mich, kam kurz zum Zaun, bevor er wieder in der Menge verschwand. Dieser Moment bleibt unvergesslich. Pups lebte noch, und er war glücklich.
Pups war mehr als ein Gockel – er war ein Freund, ein Abenteurer und ein kleiner Held.
Streiche bei SKS
Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Herz für Späße habe – und dieses Talent habe ich eindeutig von meiner Mutter geerbt. Sie hat selbst im hohen Alter meinen Vater gerne mal mit kleinen Streichen überrascht. Einmal nähte sie kurzerhand die Beine seiner Schlafanzughose zu, nur um sich später über seinen perplexen Gesichtsausdruck kaputtzulachen, als er versuchte, die Hose anzuziehen.
Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm, und auch ich konnte mir den ein oder anderen Scherz nicht verkneifen, besonders bei der Arbeit. Als Teil einer Fremdfirma, die bei Daimler-Benz eingesetzt war, hatten wir unseren Arbeitsbereich in zwei übereinander gestapelten Containern. Das obere Stockwerk diente als Büro und Aufenthaltsraum, während unten die Werkstatt und die Umkleideräume untergebracht waren. Wir wurden immer dann gerufen, wenn die werkseigene Instandhaltung nicht mehr weiter wusste – und dann mussten wir mit einem Fahrrad und Anhänger blitzschnell zum Einsatzort düsen.
Der Arbeitsalltag war oft hektisch, aber wir hielten uns gegenseitig bei Laune, nicht zuletzt durch kleine Streiche. Einmal kam mir eine besonders geniale Idee: Ich löste das Pedal des Einsatzfahrrads und befestigte es um 180 Grad verdreht wieder. Natürlich war keine Zeit, das Pedal zurückzubauen, als der Kollege das Fahrrad schnappte und losradeln wollte. Das Ergebnis? Ein Bild für die Götter! Während er versuchte, vorwärtszukommen, bewegten sich seine Füße nicht abwechselnd, sondern wie synchron nebeneinander auf und ab. Es sah so absurd aus, dass wir alle Tränen gelacht haben, während wir durch das Fenster zugeschaut haben. Das gleiche habe ich dann nochmal wiederholt, jedoch nicht mit gleichlaufenden, sondern um 90 Grad verdrehte Pedale. Man kann sich kein Bild davon machen, wie bescheuert das aussieht, wenn man es nicht selbst gesehen hat.
Diese kleinen Momente – die unbezahlbaren Gesichtsausdrücke und das gemeinsame Lachen – machten den Alltag inmitten von Metall, Werkzeug und Öl zu etwas ganz Besonderem. Und seien wir ehrlich: Ein bisschen Spaß gehört einfach dazu!
Der rollende Witz auf zwei Rädern – Ein Streich, der ins Rollen kam
Manchmal reicht ein gewöhnlicher Arbeitstag nicht aus, um die Laune aufrechtzuerhalten – da musste ein kleiner Streich her. Dieses Mal hatte ich es auf den Anhänger unseres Einsatzfahrrads abgesehen. Mit einem frechen Grinsen löste ich die Achse so, dass die Auflagefläche samt Werkzeug nur noch lose darauf lag. Mein Plan war simpel: Bei der ersten größeren Unebenheit sollte das Chaos seinen Lauf nehmen – und genau das passierte.
An diesem Tag rückten wir mit drei Fahrrädern aus. Der Kollege, der den Hänger zog, ahnte von nichts. Wir ließen ihn vorausfahren, um uns in Ruhe auf sein „Missgeschick“ freuen zu können. Er trat eilig in die Pedale, während wir uns mit verstecktem Lachen dicht hinter ihm hielten.
Dann kam sie, die perfekte Stelle: Der Belag wechselte von grobem Asphalt zu feinem Pflaster. Dazwischen eine herrlich breite Fuge. Mit Volldampf jagte unser Kollege darüber – und prompt sprang die Ladefläche von der Achse. Zu unserer Überraschung bemerkte er nichts und radelte weiter, seine Beine jetzt deutlich angestrengter, während die Achse, befreit von ihrer Last, elegant neben ihm herrollte.
Der Höhepunkt? Erst als die Achse ihn überholte, drehte er sich um und realisierte das ganze Dilemma. Inzwischen hatten wir längst angehalten – nicht etwa, um zu helfen, sondern weil wir uns vor Lachen nicht mehr auf unseren Rädern halten konnten.
Dieser kleine Streich blieb uns noch lange im Gedächtnis, und wann immer wir uns daran erinnerten, zauberte er uns ein breites Grinsen aufs Gesicht. Denn manchmal ist Schadenfreude eben doch die schönste Freude – zumindest in guter Gesellschaft.
Die Maske – Ein humorvoller Streich im Büroalltag
An diesem Wintermorgen hatte ich eine geniale Idee, die meinen Vorarbeiter überraschen sollte.Mein Ziel: Ihn mit einer gruseligen Maske ordentlich zu erschrecken. Während er oben im Büro saß, die Zeitung wie immer vor dem Gesicht, schlich ich lautlos die Treppe hoch, setzte die Maske auf und positionierte meinen Kopf direkt im Fenster. Ich wartete gespannt: Die Zeitung senkte sich kurz, er blätterte um und hob sie wieder vors Gesicht – nichts ahnend. Als die Zeitung beim nächsten Mal langsam herunterkam, war ich weg, beobachtete ihn jedoch durch einen Spalt in der Tür. Sein Blick wanderte irritiert zum Fenster, offensichtlich hatte er etwas gesehen, was dort nicht sein durfte. Zeit für Phase zwei meines Plans.
Ich klopfte an die Bürotür – Totenstille. Nach einem weiteren Klopfen folgte ein zögerliches: „Herein!“ Vorsichtig öffnete ich die Tür, die Maske in der Hand hinter meinem Rücken. Da stand er: breitbeinig, den Aschenbecher in der Hand, bereit, sich zu verteidigen. Sein Gesicht spiegelte eine Mischung aus Schock und Verwirrung wider. Als ihm endlich klar wurde, dass es nur ich war, wich die Anspannung förmlich aus ihm, wie Luft aus einem Ballon.
„Wen hast du denn erwartet?“ fragte ich grinsend. Er sah mich an, noch immer ein wenig blass: „Ich glaube, ich habe gerade den Tod gesehen.“
Als ich ihm dann die Maske zeigte, war die Überraschung endgültig vorbei – und die Verfolgungsjagd begann. Mit lautstarken Flüchen und dem Aschenbecher in der Hand rannte er hinter mir her, über den gesamten Hof.
Manchmal sind es solche Streiche, die die besten Geschichten schreiben – und der Büroalltag wurde danach nie mehr langweilig!
Die Hand aus dem Spind – Ein Scherz im Dunkeln
Es war eine dieser rabenschwarzen Nächte, in denen jeder Schatten bedrohlich wirkt und die Stille fast hörbar ist. Perfekte Bedingungen für einen kleinen Streich! Dieses Mal hatte ich meinen Vorarbeiter Micha im Visier. Er war ein Gewohnheitsmensch, pünktlich wie ein Uhrwerk, und tauchte immer um Punkt 5:30 Uhr auf, um sich im unteren Container umzuziehen.
Also plante ich meinen Coup: Ich löste etwa zehn Minuten vor seiner Ankunft sämtliche Sicherungen im Container aus, sodass er im Dunkeln stand. Dann kletterte ich in seinen Spind, zog die Tür hinter mir zu und wartete.
Das Warten dauerte nicht lange. Bald hörte ich, wie sich die Container Tür öffnete und Micha hinein trat. Es folgte das mehrfache Klicken des Lichtschalters – nichts passierte. „Mist, Stromausfall!“, hörte ich ihn fluchen, bevor er sich vorsichtig durch die Dunkelheit zu seinem Spind tastete.
Ich bereitete mich vor. Die Spannung stieg. Er öffnete den Spind und griff nach seiner Arbeitskleidung. In diesem Moment griff ich nach seiner Hand und zog ihn zu mir. Was dann geschah, war ein Anblick für die Geschichtsbücher: Ein markerschütternder Schrei hallte durch den Container, während Micha mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm nie zugetraut hätte, nach draußen sprintete – vermutlich überzeugt, dass jemand aus dem Jenseits nach ihm gegriffen hätte.
Es dauerte eine ganze Weile, ich saß schon gemütlich oben bei einer Tasse Kaffee, als die Tür sich zögerlich öffnete und ein blasses Gesicht vorsichtig um die Ecke lugte. Langsam dämmerte es Micha, dass kein Geist, sondern nur ich hinter seinem Albtraum steckte. Sein Blick wechselte zwischen Erleichterung und Ärger – und ich wusste, dass dieser Morgen ihm noch lange in Erinnerung bleiben würde.
Die defekte WC-Spülung
Micha hatte diesen unübersehbaren Tick: Jeden Tag, wie ein Uhrwerk, marschierte er pünktlich zur Toilette, um dort sein „tägliches Meisterwerk“ zu hinterlassen. Und jedes Mal, wenn er zurückkam, hielt er uns mit seinen übertriebenen Berichten auf Trab, als hätte er gerade ein Denkmal errichtet. Irgendwann dachte ich: Heute ist Schluss mit der Angeberei.
Ich wusste genau, wann seine "Zeit" gekommen war, und ging ihm ein paar Minuten voraus ins Hauptgebäude. Unsere Container hatten keine eigenen Toiletten, daher mussten wir den Gang zum WC auf uns nehmen. Ich versteckte mich in einer der Kabinen und wartete. Es dauerte nicht lange, da hörte ich ihn eintreten und in einer benachbarten Kabine verschwinden. Mein Plan war einfach und gemein: Die Spülung sabotieren.
Leise drehte ich das Wasser an der Spülung ab, nachdem ich vorgespielt hatte, meine eigene Kabine zu verlassen. Dann fing ich draußen ein paar Kollegen ab und bat sie, lautstark vor der Tür zu plaudern – genau das richtige Maß an Druck, um die Situation für Micha unangenehm zu machen.
Drinnen wurde Micha mit seiner Routine fertig und griff zur Spülung. Aber nichts geschah. Kein vertrautes Rauschen von Wasser. Panikmodus aktiviert. Ich konnte hören, wie er mit der Klobürste gegen die Naturgesetze ankämpfte, offenbar versuchte er verzweifelt, sein Werk „unsichtbar“ zu machen. Minuten vergingen, und Micha traute sich nicht, die Kabine zu verlassen – die Männer draußen blockierten den Rückweg zur Anonymität.
Als er schließlich, schweißgebadet und mit leiser Verzweiflung im Blick, hinauskam, platzte die ganze Truppe in schallendes Gelächter. Und ich? Ich stand zufällig auch dabei und konnte mir mein Lachen nicht verkneifen.
Seit diesem Mal wusste ich, dass er jedes Mal, wenn es so weit ist, vorher die Spülung betätigt.
Und Grund zur Rache gab es ja nicht, da ich ihm nie verriet, dass ich dahinter steckte.
Schulzeit – eine Ära voller Möglichkeiten, nicht nur zum Lernen, sondern auch für kreative Ablenkungen. Besonders im Musikunterricht mit seinem Fokus auf klassischer Musik fand ich Inspiration, den Unterricht etwas „lebendiger“ zu gestalten.
Der Musiklehrer hatte die Angewohnheit, entweder auf dem Flügel klassische Stücke darzubieten oder diese auf einem Plattenspieler abzuspielen. Die Klavierstücke störten wir auf humorvolle Weise, indem wir kleine Stücke Kreide auf die Klaviersaiten legten. Wenn der Lehrer die entsprechenden Tasten anschlug, erklangen schreckliche Geräusche, die für allgemeine Erheiterung sorgten. Zwar fand er die Ursache schnell, aber der Spaß war es wert.
Die Sessions mit dem Plattenspieler waren ein anderes Ziel. Mit einem Kurzschlussstecker, einem modifizierten Stecker, sorgten wir dafür, dass die Sicherung fiel. Der technisch unbegabte Lehrer musste sich jedes Mal an den Hausmeister wenden. Und diesen konnten wir ohnehin nicht leiden, und sein sichtbarer Ärger motivierte uns umso mehr. Bald legten wir Kurzschlussfallen in verschiedenen Räumen der Schule, ohne dass der Hausmeister uns jemals auf die Schliche kam.
Doch der größte Coup gelang uns in der Turnhalle. Die ungeliebten Übungen mit dem Medizinball schienen uns perfekt für eine „Revolution“. Parallel im Chemieunterricht lernten wir die Kunst, eine stinkende Schwefelmischung herzustellen. Wir füllten das Gemisch in ein Röhrchen, das bei Kontakt mit Wasser langsam einen üblen Geruch verströmte. Dieses Röhrchen versteckte ich in einem Belüftungsloch in der Turnhalle. Der Gestank war so durchdringend, dass die Halle für Wochen geschlossen blieb. Niemand konnte die Quelle ausfindig machen, während wir uns ins Fäustchen lachten.
Schule war eben nicht nur ein Ort des Lernens – es war auch ein Spielfeld für Einfallsreichtum und Streiche!
Unsere Geschichtslehrerin war eine echte Herausforderung: seltsam, unbeliebt und streng. Also fassten mein Freund und ich einen Plan, ihr – und, wie sich herausstellte, der ganzen Schule – einen unvergesslichen Streich zu spielen. Die Gelegenheit bot sich, als wir durch konsequente Störungen des Unterrichts Nachsitzen verordnet bekamen.
Das Nachsitzen verlief immer gleich: Der Lehrer führte uns ins Klassenzimmer, überreichte ein Buch, und wir mussten in stoischer Ruhe Texte abschreiben. Doch diesmal hatten wir Großes vor. Bewaffnet mit einem Kabel und einem Kassettenrekorder, begannen wir, die Lautsprecheranlage des Klassenzimmers zu manipulieren. Unter der Tapete und sogar unter dem Parkettboden verlegten wir ein Kabel bis direkt zu unserer Schulbank, wo wir es an den Kassettenrekorder anschlossen – unbemerkt, versteht sich.
In den folgenden Tagen nahmen wir diverse Durchsagen auf: „Heute Lehrerkonferenz nach der großen Pause“, „Alle Lehrer der Klassen 7 bis 9 bitte ins Rektorat“, und natürlich den Pausengong. Wir waren bereit für unser Experiment.
Die Idee war, unsere Geschichtslehrerin aus dem Konzept zu bringen. Doch was wir zunächst nicht wussten: Die Lautsprecher unserer Manipulation waren mit dem gesamten Schulsystem verbunden! Als wir die erste Durchsage abspielten, verbreitete sich die Nachricht in allen Klassenzimmern. Die Lehrer waren verwirrt, Schüler jubelten, und ein chaotisches Durcheinander entstand.
Die Recherche nach der Ursache begann sofort – großangelegt, akribisch, aber erfolglos. Unsere Leitung war so gut getarnt, dass sie niemand fand. Wochenlang sorgten wir für unerwartete „Sondersitzungen“, falsche Pausengongs und allgemeine Verwirrung.
Auch wenn der Streich ursprünglich nur gegen unsere Lehrerin gerichtet war, wurde er zu einer Legende in der ganzen Schule – und zu einer der aufregendsten Erinnerungen unserer Schulzeit!
Mit dem Moped auf der Flucht
Mit 16, einem Moped und einer guten Portion Übermut
Von
meinem Vater bekam ich mit 16 Jahren sein altes Moped vererbt. Dieses treue Gefährt war der Beginn zahlreicher Abenteuer – und einer ganzen Reihe von Begegnungen mit der Polizei. Gründe, sich
nicht erwischen zu lassen, gab es immer: kein Führerschein, keine Versicherung, Moped frisiert, zu lauter Auspuff usw. Jedes Mal aufs Neue hieß es: schnell reagieren, geschickt entwischen – oder
improvisieren.
Glück muss man haben
Einmal, so schien es, hatte mich das Glück verlassen. Ich fuhr mit einem Sozius auf dem Fußweg los, nichts ahnend, dass mich ein Polizeiwagen verfolgte. Noch bevor ich reagieren konnte, versperrten sie mir den Weg. Flucht? Unmöglich. Sie wollten meine Papiere sehen, die ich „natürlich“ nicht dabei hatte. Doch ich blieb cool, zeigte auf ein nahes Haus und behauptete, dort zu wohnen. Sie glaubten mir, notierten mein Kennzeichen und ließen mich ziehen mit der Aufforderung, die Unterlagen in den kommenden Tagen auf dem Revier vorzuzeigen. Ihr Fehler: Eine Überprüfung per Funk ließen sie aus – zum Glück, denn das Kennzeichen war gestohlen. Ich entkam mit einem blauen Auge.
Adrenalinkick durch Zizishausen
Ein
anderes Mal war ich auf dem Heimweg, als mir ein Polizeiwagen entgegenkam. Mein Moped war laut, zu laut – das merkten sie auch. Sie drehten um, das Blaulicht ging an, und die Verfolgung begann.
Ich drehte das Gas auf und raste direkt über eine Bordsteinkante in eine Parkanlage. Als die Einfahrt durch Poller blockiert wurde, wich ich einfach durch die Lücke aus. Die Polizei hatte hier
keine Chance. Zuhause angekommen, lackierte ich meinen Helm sofort um – eine Routine nach solchen Eskapaden.
Nächtlicher Sprint in Nürtingen
Eine
meiner spannendsten Fluchten ereignete sich mitten in der Nacht. Ich war gerade am Nürtinger Bahnhof vorbei, beschleunigte mein Moped die Anhöhe hinauf, als ich rechts ein Polizeiauto entdeckte.
Keine Zeit, umzukehren. Sie starteten sofort durch, Blaulicht an, direkt hinter mir. Als sie auf meiner Höhe waren und mich auszubremsen versuchten, legte ich eine Vollbremsung hin, kippte das
Moped seitlich und rutschte ein Stück. Das Polizeiauto schoss weiter nach vorne, und ich nutzte den Moment, um das Moped über eine Wiese zu schieben.
Sie versuchten, mir den Weg abzuschneiden, aber ich ahnte, was sie vorhatten. Ich legte das Moped in einer Senke ab, tarnte es mit meiner Jacke und verschwand zu Fuß. Minuten später sah ich sie noch kreisend in der Gegend, während ich versteckt die Nachtluft genoss. Wieder einmal hatte ich es geschafft.
Die Flucht mit Hindernissen
Wieder einmal kündigte sich ein turbulentes Abenteuer an. Ich wusste sofort, dass mir eine Verfolgungsjagd bevorstand, als ich mit meinem überlauten Moped durch Nürtingen knatterte. Zwei Motorradpolizisten kamen mir entgegen, und kaum hatten sie mich gesehen, wendeten sie entschlossen. Vielleicht suchten sie einfach nach einer Aufgabe – und ich war das perfekte Ziel.
Doch ich war vorbereitet. Ohne zu zögern, gab ich Vollgas und jagte die unvollendete Straße am NC hoch. Die Straße endete in einer Wendeschleife – und einer tückischen Bordsteinkante. Da der Teerbelag noch nicht aufgetragen war, war die Kante fast 10 Zentimeter höher als normal. Ein Überfahren mit dem Moped war ausgeschlossen – ein sicherer Sturz wäre die Folge gewesen.
Kurz vor der Kante machte ich einen Sprung, bugsierte mein Moped mit Schwung über das Hindernis und landete sicher auf der anderen Seite. Die Polizisten, dicht hinter mir, versuchten ihr Glück mit ihren Motorrädern, ohne abzusteigen. Das war ein fataler Fehler. Ihre schweren Maschinen waren nicht für solch ein Manöver geeignet. Ein lautes Krachen ertönte, als beide mit voller Wucht die Ölwanne ihrer Motorräder aufrissen.
Während ihre Maschinen mit Motorschaden liegenblieben, setzte ich meine Flucht ungehindert fort. Der Adrenalinkick war überwältigend – und das triumphierende Gefühl, auch diesmal wieder davongekommen zu sein, unbezahlbar.
Mit Kanonen auf Spatzen schießen
Die Nacht war ruhig, die Disco in der Nachbarortschaft hatte gerade ihre Pforten geschlossen, und ich saß entspannt auf meinem Moped. Die Heimfahrt lag vor mir, doch ein spontaner Gedanke ließ mich abbiegen: Warum nicht noch eine kleine Runde durch die Innenstadt drehen? Also lenkte ich mein viel zu lautes Gefährt Richtung Nürtingens Zentrum, nichts ahnend, dass ich damit in ein Abenteuer schlittern würde, das seinesgleichen suchte.
Gerade als ich die Straße entlangfuhr, bemerkte ich die Menschenmassen vor dem Kino. Es schien, als sei die Spätvorstellung gerade zu Ende gegangen. Doch die Szenerie war ungewöhnlich – es herrschte eine angespannte Atmosphäre, und die Polizei führte offenbar eine groß angelegte Razzia durch. Noch bevor ich realisierte, was los war, löste sich ein Mann aus der Menge. In seinem weißen Mantel und mit Kappe wirkte er wie ein typischer Verkehrspolizist. Er kam direkt auf mich zu, entschlossen, mich anzuhalten.
Doch Anhalten war keine Option. Instinktiv drehte ich den Gashahn auf und steuerte auf ihn zu. Im letzten Moment sprang er zur Seite, doch nicht, ohne zu versuchen, mich vom Moped zu reißen. Seine Hand verfehlte zwar meinen Arm, traf mich aber mit voller Wucht in die Rippen. Trotz des Schlags konnte ich mich im Sattel halten und beschleunigte wieder. Nur noch um die nächste Kurve – und ich wäre in Sicherheit.
Doch dann hörte ich einen Knall. Ungläubig drehte ich mich kurz um: Der Polizist hatte tatsächlich auf mich geschossen! Am nächsten Tag bestätigten Bekannte, die in der Menge gewesen waren, dass er wirklich die Waffe gezogen und abgedrückt hatte.
Die Situation war surreal. Auf der einen Seite war ich erleichtert, einmal mehr entkommen zu sein. Doch auf der anderen Seite fragte ich mich, ob es wirklich verhältnismäßig war, in einer solchen Situation eine Schusswaffe einzusetzen. Es war ein Moment, der mir zeigte, wie schmal der Grat zwischen einem riskanten Spiel und einer ernsthaften Gefahr sein konnte.
Diese Erlebnisse gehören zu den Geschichten, die ich wohl nie vergessen werde. Mein Moped war mehr als nur ein Fortbewegungsmittel – es war der Start in eine Jugend voller Abenteuer, Risiken und unvergesslicher Momente.
Der Beginn meiner „kriminellen Karriere“
Meine kriminelle Laufbahn nahm ihren Anfang, als ich kaum sieben Jahre alt war. Es war keine große Sache, dachte ich damals – nur ein kleiner Griff in die Wechselgeldkasse der Bäuerin, während sie unten im Keller Milch abfüllte. Zwei Mark hier, eine Mark dort. Es war fast zu einfach. Ich wartete brav in der Küche, bis sie verschwand, und meine Finger erledigten den Rest.
Bald weitete ich meine „Operationen“ aus. Die engen Gänge der Tante-Emma-Läden boten perfekte Deckung, und die Süßigkeitenregale waren wie gemacht für schnelle Raubzüge. Irgendwann reichte das nicht mehr. Ich wagte mich an größere Ziele: den Spielzeugladen in der Stadt. Doch mit jedem neuen Spielzeug, das in meinem Zimmer auftauchte, wurden die Fragen meiner Eltern lauter. „Von Freunden ausgeliehen“, log ich – ein Klassiker, der immer funktionierte.
Mit 15 hatte ich ein eigenes Zimmer. Und ein Fenster, das sich lautlos öffnen ließ. Des Öfteren verschwand ich nachts, bewaffnet mit einem Montiereisen und einer Portion jugendlicher Unbekümmertheit. Mein erster Coup? Eine Serie von Briefmarkenautomaten. Die Münzen reichten für kleine Erfolge, aber mein Ziel war größer: mit 18 ein Motorrad. Dann kamen die Zigarettenautomaten. Das Münzgeld landete in einer eigens gebauten Kiste unter meinem Bett, die Zigaretten verkaufte ich an Kumpels– halber Preis, keine Fragen.
Kurz nach meinem 18. Geburtstag öffnete ich die Kiste. 7.000 D-Mark. Es war genug, um mir meine erste 1000er Kawasaki zu kaufen.
Doch es blieb nicht beim Motorrad. Die Einbrüche wurden größer, gewagter – ein regelrechter Sport. Ich liebte das Adrenalin, das Lesen der Zeitungsberichte über meine Taten. Einer der Höhepunkte war wohl der Einbruch in meine Stammkneipe. Mit einem Wagenheber bog ich die Gitterstäbe des Toilettenfensters auseinander, gerade so, dass mein schlanker Körper hindurch passte. Die Zeitung schrieb später: „Ein Vater-Sohn-Duo. Der Vater muss seinen Sohn durch die Gitter gestopft haben, der dem Vater dann die Tür öffnete.“ Ich lachte mich kaputt.
Ein anderes Mal war es ein Computerladen. Ein gekipptes Fenster war wie eine Einladung. Meinen Kombi befüllte ich bis unters Dach. Die Polizei war sicher, dass es eine ganze Bande gewesen sein musste und die Ware mit einem LKW abtransportiert wurde. Möchte nicht wissen, was der Laden da dazugedichtet hat.
Jeder neue Erfolg fühlte sich an wie ein Beweis meiner Unverwundbarkeit. Es war ein Rausch, eine Welle, die mich trug. Aber nichts hält ewig. Jahre später, als ich durch Drogen völlig am Boden war, führte ich die Polizei absichtlich auf meine Spur. Doch das ist eine andere Geschichte – eine, die ich im Kapitel Beschaffungskriminalität erzählen werde.
Lackpflege BMW 525i – wörtlich genommen!
In meinem Dorf war ich bekannt als Schrauber für alle Fälle. Mein Ruf zog die Aufmerksamkeit eines Nachbarn auf sich, der das neueste 5er BMW-Modell fuhr. Er suchte jemanden, der ihm eine professionelle Lackpflege günstiger als in der Werkstatt erledigen konnte. Als er mir anbot, den Job zu übernehmen, war ich sofort dabei. Der Deal klang perfekt: ein bisschen Geld verdienen und gleichzeitig die Gelegenheit, mal einen echten Traumwagen zu fahren.
Voller Vorfreude holte ich den BMW bereits am Vorabend ab – offiziell, um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Doch insgeheim plante ich eine Probefahrt, die es in sich haben sollte. Gemeinsam mit drei Freunden begann der Abend in der Stammkneipe, von wo aus wir direkt auf die Autobahn starteten, um den Wagen auf Herz und Nieren zu testen. Die Geschwindigkeit und Power waren beeindruckend, und der Abend endete schließlich auf einer Party in der Garage eines Freundes.
Nach einigen Drinks wurde es Zeit, meine Freunde zurückzubringen. Die Straßen waren leer, die Stimmung ausgelassen, bis es plötzlich passierte. Beim Überholen eines langsamen Autos, um noch bei Grün über die Ampel zu kommen, kreuzte eine Ente meinen Weg – ein Kleinwagen, der eigentlich wartete, dann aber doch losfuhr. Die Kollision war unvermeidbar. Ich prallte mit voller Wucht gegen das kleine Fahrzeug und wurde durch die Wucht des Aufpralls in die Leitplanke katapultiert. Der BMW flog förmlich durch die Luft, drehte sich und landete schließlich als Totalschaden auf dem Dach.
Zu meinem Glück kamen wir alle nahezu unversehrt aus dem Wrack. Zwei meiner Freunde verschwanden sofort, der andere blieb bei mir, um auf die Polizei zu warten. Ihre erste Einschätzung war eindeutig: Der Fahrer der Ente hatte die Schuld. Was sie jedoch nicht wussten: Mein Alkoholpegel und die überhöhte Geschwindigkeit könnten das Blatt wenden. Ein weiterer Schock folgte, als spätere Ermittlungen zeigten, dass ich mindestens 120 km/h in der 50er-Zone gefahren war. Das brachte mir eine Teilschuld ein, einen saftigen Regressanspruch und den Verlust meines Führerscheins für fast ein Jahr.
Der peinlichste Moment war jedoch der Gang zu meinem Nachbarn am nächsten Tag. Mit einer Rose in der Hand und einem gesenkten Kopf überbrachte ich ihm die Nachricht: "Ich bin fertig mit der Lackpflege." Seine Reaktion? Sportlich, aber ich wusste, dass er mir nie wieder sein Vertrauen schenken würde.
Dramatische Wende - Entscheidung für Heroin
Es war eine Zeit, in der ich alles hatte: ein wunderschönes Haus, eine liebevolle Familie, eine über alles geliebte Frau, einen großartigen Job und ein stabiles soziales Umfeld. Kurz gesagt, mein Leben schien perfekt. Doch genau in diesen Momenten der Zufriedenheit lauern oft die größten Katastrophen.
Eines Tages fuhr ich mit meiner schweren Maschine in die Stadt, meinen sechsjährigen Sohn sicher vor mir auf dem Motorrad sitzend. Wir fuhren langsam und vorsichtig, schließlich hatte ich ihn dabei. Unter einer Brücke kam eine Kurve, und ich erkannte im letzten Moment die schimmernde Gefahr: eine große Ölspur. Doch es war zu spät zum Ausweichen.
Wie in Zeitlupe verlor das Motorrad bei etwa 30 km/h die Haftung. Das Hinterrad rutschte weg, das Bike drehte sich. In den Sekunden, bevor wir zu Boden gingen, ließ ich instinktiv die Maschine los und klammerte meinen Sohn fest an mich, um ihn vor Verletzungen zu schützen. Glücklicherweise kamen wir beide unverletzt auf der Straße zum Liegen – zumindest dachte ich das. Doch dann rutschte das Motorrad hinterher und katapultierte mich mit voller Wucht mit der Schulter gegen die Bordsteinkante.
Adrenalin hielt mich aufrecht, denn ich spürte nichts von einer Verletzung. Ich stellte meinen Sohn auf die Beine, überprüfte ihn auf Verletzungen und war erleichtert: Er war unversehrt. Auch das Motorrad war bis auf einen Kratzer fast heil. Mit letzter Kraft hievte ich es auf die Räder, setzte meinen Sohn wieder auf und wir fuhren nach Hause.
Als wir dort ankamen, schüttelte meine Frau gerade ein Kissen am offenen Fenster aus. Sie sah uns kommen, blickte verwundert und fragte: „Frank, was ist das für ein Holz, das dir da aus dem T-Shirt schaut?“ Verwirrt schaute ich an mir herunter – und sah, dass ein Stück Knochen meines Schlüsselbeins aus meinem T-Shirt ragte. In diesem Moment ließ der Schock nach, ich begann stark zu bluten und brach bewusstlos zusammen.
Im Krankenhaus in Nürtingen wurde ich notversorgt, doch mein Zustand verschlechterte sich täglich. Schließlich sorgte ein guter Freund dafür, dass ich nach Tübingen in eine Spezialklinik überwiesen wurde. Dort kam die Wahrheit ans Licht: Mein Schlüsselbein war komplett zertrümmert, Knochensplitter steckten in meiner Lunge und ich stand kurz vor einem inneren Verbluten. Der Arzt erklärte mir, dass ich ohne sofortige Operation nur noch wenige Stunden zu leben hätte.
Es folgten mehrere komplizierte Eingriffe, aber nach sechs langen Monaten konnte ich das Krankenhaus endlich verlassen. Ich dachte, der Albtraum sei vorbei. Doch zu Hause wartete eine noch größere Katastrophe.
Meine Frau, die früher heroinabhängig gewesen war, hatte in meiner Abwesenheit eine alte Freundin bei uns aufgenommen – eine Frau, die noch immer tief in der Sucht steckte. So dauerte es nicht lange, bis auch meine Frau rückfällig wurde. Meine einst perfekte Welt lag in Trümmern.
Zunächst kämpfte ich, tat alles, um sie aus der Sucht zu holen: Entgiftungen, Reisen ins Ausland, unzählige Versuche, sie zurück ins Leben zu holen. Doch nach einem halben Jahr war ich am Ende meiner Kräfte – und meiner Hoffnung.
In meiner Verzweiflung sprach ich mit ihr. Ich sagte: „Ich liebe dich über alles. Wenn du nicht zu mir zurückkommen kannst, dann komme ich zu dir hoch.“ Ich schlug vor, den Rest unseres Lebens auf „einem Level“ zu verbringen. Mit dem Geld, das wir hatten, könnten wir uns etwa ein Jahr Heroin leisten. Und wenn das Geld aufgebraucht wäre, würden wir uns gemeinsam den „goldenen Schuss“ setzen.
Es war der dunkelste Punkt meines Lebens, ein Moment, in dem Schmerz und Liebe, Hoffnungslosigkeit und Hingabe sich zu einem unfassbaren Dilemma vermischten.
Mit zitterndem Atem hielt ich meinen Arm hin und bat sie, mir den ersten Schuss Heroin zu setzen. Es war der Anfang einer dunklen, verhängnisvollen Reise. In den darauffolgenden Monaten lebten wir, als gäbe es kein Morgen. Saus und Braus bestimmten unser Leben, unser Konsum kannte keine Grenzen. Heroin und Kokain wurden zu unserem Alltag, und es war nicht selten, dass wir an einem Wochenende bis zu 30.000 Mark verprassten.
Nach acht Monaten war alles weg. Das Geld, unser Besitz, unsere Zukunft – alles verschwand im Rausch. Die Konten waren mit über 100.000 Mark im Minus, und der einst so einfache Ausweg – der goldene Schuss – war seltsamerweise keine Option mehr. Stattdessen fassten wir einen verzweifelten Plan: getrennte Entgiftung.
Für meine Frau, die bereits mehrere Therapien wegen Rückfällen abgebrochen hatte, blieb nur noch eine letzte Möglichkeit: Synanon in Berlin. Keine klassische Therapie, sondern ein Leben ohne Drogen – und eines, das die Menschen dauerhaft an diesen Ort bindet. Mit schweren Herzen brachte ich sie dorthin, mit dem Versprechen, sie nach der sechsmonatigen Kontaktsperre abzuholen. Wir wollten von vorne beginnen – ein neues Leben, eine neue Chance.
Suizidversuche
Ich schaffte es gerade so, vor Ablauf der sechs Monate Kontaktsperre meine eigene Entgiftung zu überstehen. Voller Hoffnung machte ich mich auf den Weg nach Berlin, um meine Frau und unsere Kinder abzuholen. Doch was mich dort erwartete, riss mir den Boden unter den Füßen weg.
Mit kühler Stimme erklärte sie mir, dass sie niemals mehr zurückkommen würde. Sie hatte beschlossen, in Synanon zu bleiben – für immer. Und dann der Schlag, der mein Herz endgültig zerschmetterte: Sie war schwanger. Von einem Mitpatienten.
Eine Welt brach über mir zusammen. Der Schmerz war unfassbar, der Gedanke an ein Leben ohne sie unerträglich. Auf der Heimfahrt, allein mit meinen Gedanken und meiner Verzweiflung, entschied ich, dass ich nicht mehr weitermachen wollte. Es gab nur noch eine Lösung: ein Baum, ein Unfall, ein schnelles Ende.
Da war er. Ein mächtiger alter Baum, der mir wie die Antwort auf all meinen Schmerz erschien. Ich wendete, visierte ihn an und gab Gas. Kurz vor dem Aufprall schloss ich die Augen, bereit, dem Leben Lebewohl zu sagen. Dann ein gewaltiges Rumpeln – und Stille.
Als ich die Augen öffnete, stand ich unverletzt mitten auf einem Acker. Verwirrt drehte ich mich um und sah die Reifenspuren: Sie verliefen auf beiden Seiten des Baumes – ich war buchstäblich durch ihn hindurch gefahren. Ungläubig starrte ich den Baum an, murmelte nur: „Mist, Baum verfehlt.“ Der Gedanke an meinen Plan ließ mich nicht los. Zuhause würde ich es mit Heroin zu Ende bringen.
Zurück in den eigenen vier Wänden besorgte ich mir eine Überdosis, genug um einen Elefanten zu töten. Dieses Mal sollte es klappen. Doch irgendetwas ging schief. Wahrscheinlich presste ich das Gift zu langsam in meine Vene. Denn schon nach der halben Menge verlor ich das Bewusstsein und wachte vier Stunden später wieder auf – lebendig. Frustriert und entschlossen bereitete ich eine neue Dosis vor, überzeugt, dass nichts mich aufhalten konnte.
Doch dann geschah etwas, was ich mir das erste Mal in meinem Leben nicht mehr erklären konnte. Jedes Mal, wenn ich die Spritze in Richtung meines Arms neigte, verschloss sich etwas in ihr – es sah aus wie eine Membrane. Sobald ich die Spritze weg bewegte, sah ich, wie sich diese Membrane wieder öffnete. Immer und immer wieder versuchte ich es, aber dieses Phänomen hinderte mich daran, das Gift in meine Vene zu bekommen.
Nach zahllosen Versuchen brach ich zusammen. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich zugeben, dass es etwas Größeres als mich gab, etwas, das mich daran hinderte, meinem Leben ein Ende zu setzen. Damals kannte ich Gott noch nicht. Deshalb nannte ich es „Materie“ und sprach zu ihr: „Materie, jetzt weiß ich, dass du existierst. Du lässt es nicht zu, dass ich sterbe. Ich respektiere das und verspreche dir, nie wieder zu versuchen, mir das Leben zu nehmen.“
Heute weiß ich, dass es Gott war, der mich gerettet hat. Doch dieser Moment war kein sofortiger Wendepunkt. Stattdessen fiel ich noch tiefer in die Heroinsucht. Mein Leben geriet in eine steile Abwärtsspirale, die mich immer weiter von Hoffnung und Heilung entfernte. Doch eines blieb: Ich hielt mein Versprechen und versuchte nie wieder, meinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Ein Funken Hoffnung blieb inmitten der Dunkelheit.
Es gibt Momente im Leben, in denen alles, was wir für richtig hielten, auf einmal keinen Wert mehr hat. Augenblicke, in denen die klare Sicht der Vernunft durch den Nebel des Überlebensinstinkts ersetzt wird. Der Mensch wird von einer dunklen Macht ergriffen, die ihm die Kontrolle entzieht. In diesen Augenblicken geht es nicht mehr um Moral oder Ethik. Es geht um das nackte Überleben.
Die Schmerzen eines Entzugs sind unerträglich – körperlich wie seelisch. Eine unendliche Leere frisst sich in den Körper, lässt den Geist taumeln, der verzweifelt nach einem Ausweg sucht. In solchen Momenten verschwimmt die Grenze zwischen richtig und falsch, und die Entscheidung wird allein vom Überlebensdrang diktiert. Es sind Taten, die aus einer verzweifelten Notwendigkeit geboren werden, nicht aus bösem Willen.
Jeder, der in diese Dunkelheit eintaucht, hat nur einen Gedanken im Kopf: zu überleben. Der Verstand, der normalerweise das Handeln bestimmt, tritt in den Hintergrund, und der Körper übernimmt das Kommando. In diesen Momenten fühlt sich der Schmerz der Entzugserscheinungen wie eine Waffe an, die den Geist erpresst. Der Preis, den man bereit ist zu zahlen, wird unvorstellbar hoch. Man ist bereit, alles zu opfern – die eigenen Werte, die eigene Würde, sogar die Menschen, die man liebt.
Ich stand an einem Punkt, an dem die Dunkelheit der Sucht mich vollständig umhüllte. Die Grenze zwischen Überleben und Zerstörung wurde immer dünner. Und als die einzige Lösung, die mir noch blieb, darin bestand, meine eigene Frau zu verraten, tat ich es. Der Gedanke, sie meinem Dealer zu überlassen,von dem ich wusste, dass er scharf auf sie war, nur um die nächste Dosis zu bekommen, schien nicht mehr unvorstellbar. Es war der unbarmherzige Überlebensinstinkt, der mich dazu trieb – der Drang, dem Schmerz zu entkommen, der mich alle menschlichen Normen vergessen ließ.
Wie krank ist es, sich von einer Sucht so dominieren zu lassen? Wie weit kann der Mensch sinken, wenn er von der Dunkelheit ergriffen wird? Es ist eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist, doch ich habe sie auf die schmerzlichste Weise gelernt. Denn manchmal, wenn der Mensch glaubt, er habe alles verloren, ist es der Überlebensinstinkt, der ihn weiter antreibt – koste es, was es wolle.
Der Preis der Sucht
Um an Heroin zu kommen, musste ich oft kreativ werden. Eine Methode war, meinem Dealer technische Geräte zu besorgen, auf die er besonders scharf war – Ferngläser, Fotoapparate, Computerteile und ähnliches. Eines Tages verlangte er eine Festplatte. Keine große Sache, dachte ich, und machte mich auf den Weg in den Kaufhof, in die dritte Etage der Elektronikabteilung.
Mit einem Schweizer Taschenmesser in der Hand suchte ich gezielt nach einem Tischcomputer. Mein Herz raste, nicht nur wegen der Entzugserscheinungen, sondern auch wegen des Risikos. Doch der Drang nach dem nächsten Schuss war größer als die Angst, erwischt zu werden. Vor den Augen des Personals öffnete ich hektisch das Gehäuse, schraubte die Festplatte heraus und schob sie in meine Jackentasche. Meine Hände zitterten, aber ich hatte, was ich brauchte.
Als ich Richtung Rolltreppe ging, fiel mir auf, dass zwei Wachmänner dort postiert waren. Sie hatten mich im Visier und warteten nur darauf, mich zu schnappen. Doch die Mischung aus Entzugserscheinungen und Adrenalin machte mich unberechenbar. Ich stürmte los, schaffte es, mich an den Wachmännern vorbeizudrängen und sprintete die Rolltreppe hinunter.
Doch auf halbem Weg blockierte ein Polizist meinen Fluchtweg. In meiner Verzweiflung und mit einer Kraft, die ich selbst nicht verstand, packte ich ihn und warf ihn einfach über das Geländer. Unten warteten jedoch bereits zwei weitere Polizisten auf mich. Sie hatten mich schließlich doch in der Falle. Ich hatte nichts mehr entgegenzusetzen.
Die Flucht endete in einer Ausnüchterungszelle. Dort ließen die Polizisten ihrer Wut freien Lauf und prügelten auf mich ein. Ich war ausgeliefert, spürte Schmerz und Erniedrigung, doch in meinem Kopf war nur ein Gedanke: "Wann komme ich hier wieder raus?"
Am Ende hatten sie keine Wahl. Solange ich einen festen Wohnsitz und einen Arbeitsplatz vorweisen konnte, durften sie mich nicht länger festhalten. Mit einem zerschlagenen Gesicht und einer Lektion, die ich wohl nie wirklich lernen wollte, ließen sie mich laufen. Doch in meinem Inneren wusste ich: Meine Flucht vor der Sucht war längst nicht vorbei.
Car-Jacking – Eine Verzweiflungstat am Abgrund
Manchmal frage ich mich, warum ich damals ausgerechnet Frankfurt gewählt habe. Und warum gerade die belebteste Straße im Zentrum, dort, wo die Wolkenkratzer den Himmel berühren. Vielleicht war es die Anonymität der Großstadt, die mich lockte. Oder einfach ein zielloses Umherirren in einer verzweifelten Lage. Meine Heroinsucht hatte mich an einen Punkt gebracht, der tiefer kaum sein konnte. Ich brauchte Geld. Dringend. Viel Geld.
Die Idee kam mir, wie so viele absurde Einfälle, aus dem Fernsehen: Car-Jacking. Der Gedanke, so, schnell an Bargeld zu kommen, klang verlockend. Der Plan war simpel, zumindest in meiner Vorstellung: An einer roten Ampel in ein Auto steigen, eine Waffe ziehen und den Fahrer zur Herausgabe von Geld zwingen. Ein schneller Überfall, ohne großen Aufwand.
Zuerst suchte ich mir ruhigere Straßen, weniger befahrene Gegenden. Doch jedes Mal, wenn ich kurz davor war, die Autotür zu öffnen, verließ mich der Mut. Mein Kopf war voller Fragen, die mich lähmten: Wie würde der Fahrer reagieren? Würde er erkennen, dass die Pistole nur eine Schreckschusswaffe war? Oder schlimmer noch – wäre er vielleicht selbst bewaffnet und würde dann in Notwehr auf mich schießen? Jedes Mal kehrte ich um, schweißgebadet und zitternd, bevor es ernst wurde.
Doch dann kam der Moment, an dem ich mich zwang, es durchzuziehen. Ich hatte mir ein Ziel ausgesucht: einen blauen Mercedes S-Klasse, der an dritter Stelle an einer roten Ampel stand. Mein Herz raste, als ich die Tür öffnete und mich auf die Rückbank schwang. Doch bevor ich meine Waffe aus der Brusttasche ziehen konnte, überraschte mich der Fahrer.
Blitzschnell riss er seine Tür auf, ließ sich aus dem Fahrzeug fallen und zog dabei instinktiv den Fuß von der Bremse. Der Wagen rollte nach vorne und krachte in das Auto vor ihm. Panik erfasste mich. Ich wollte fliehen, doch die hinteren Türen waren blockiert – vermutlich wegen der Kindersicherung. Mein Adrenalinpegel schoss ins Unermessliche, als ich hektisch über die Vordersitze kletterte, um aus der Fahrertür zu entkommen.
Endlich draußen, rannte ich um mein Leben. Die Straßen verschwammen, während ich Meter um Meter zurücklegte, bis ich außer Atem in einem Gebüsch in einer Parkanlage Schutz suchte. Mein Körper bebte, mein Herz hämmerte in meiner Brust. Kurz darauf heulten Polizeisirenen durch die Stadt, Blaulichter zuckten in der Dunkelheit. Es fühlte sich an, als wäre die ganze Welt hinter mir her.
Stundenlang verharrte ich regungslos in meinem Versteck, unfähig, klar zu denken. Erst als sich die Lage beruhigt hatte, wagte ich mich hinaus. Ich hatte es geschafft, unentdeckt zu bleiben – ein trügerisches Glück. Doch was blieb, war ein weiterer Misserfolg. Eine weitere Erfahrung, die mich nicht weiterbrachte. Statt Geld zu haben, war ich nur noch tiefer in den Abgrund gestürzt.
Verschiedene andere Methoden
Es gab viele Wege, an Geld zu kommen, und die Methoden wechselten oft einander ab. Eine beliebte und relativ sichere Methode war das Knacken von Zigarettenautomaten. Wie viele davon meinen Aktionen zum Opfer fielen, kann ich nicht mehr sagen. Doch eines war sicher: Abnehmer für die Zigaretten gab es genug.
Manchmal vermittelte ich auch andere Abhängige an Dealer, die ich kannte. Das war lukrativ – ich bekam stets eine Portion für mich selbst als Vermittlungsprovision. Hin und wieder wurde ich sogar als Drogenkurier oder Chauffeur eingesetzt, um größere Mengen Heroin oder Kokain aus Holland zu holen. Mit diesen Provisionen konnte ich mich etwas länger über Wasser halten.
Doch das war nicht alles. Einbrüche gehörten ebenfalls zu meinem Repertoire: Gaststätten, Spielhallen, Tankstellen, Sportheime, Autohäuser – überall dort, wo sich Geldspielautomaten oder Wertgegenstände zu Geld machen ließen. Einmal brach ich in ein Autohaus ein und knackte eine Bargeldkasse. Darin fand ich neben Bargeld auch einen ausgefüllten Scheck. Später sollte genau dieser Scheck die Polizei auf meine Spur führen.
Nach etwa vier Jahren war ich am Ende. Ich konnte und wollte nicht mehr. Doch da war dieser Scheck über 850 Mark. Einmal wollte ich es mir noch gut gehen lassen. Ich wusste, dass das Einlösen des Schecks mein Ende bedeuten würde. Trotzdem tat ich es. Die Sucht war größer. Ich hob das Geld ab, verbrachte einen entspannten Abend und ging am nächsten Tag wie gewohnt zur Arbeit.
Kurz vor Feierabend erhielt ich dann den entscheidenden Anruf: „Herr Modler, bitte kommen Sie umgehend zu Ihrem Wohnort!“ Das Ende erwartend machte ich mich auf den Weg nach Hause. Doch schon von weitem sah ich das Großaufgebot der Polizei. Ein großer Bereich um mein Haus war mit Flatterband abgesperrt.
Kaum angekommen, legten sie mir Handschellen an. Mit Blaulicht ging es zur Polizeiwache in Nürtingen. Mein Haus hatten sie komplett auf den Kopf gestellt und dabei jede Menge Beweismaterial und Diebesgut gefunden. Es war aus. Ich hatte keine Wahl mehr: Therapie oder Gefängnis.
Ich entschied mich für die Therapie. - Die erste von drei.
Gelegenheit macht Diebe
Obwohl alle längst wussten, dass ich dem Heroin verfallen war, hatten manche meiner Freunde immer noch diesen missionarischen Eifer, mich „auf andere Gedanken“ zu bringen. An einem dieser Abende war das Ziel ein Motorradtreffen auf der Schwäbischen Alb. Klingt nach Freiheit, Benzin und Lagerfeuer – aber erst mal mussten wir dort hin finden. Es war dunkel, wir hatten uns in einer kleinen Ortschaft in einem Neubaugebiet verfahren, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Außer... einem Auto. Mitten auf der Straße, hell erleuchtet, Motor laufend, Tür offen – fast wie eine Szene aus einem schlechten Krimi.
Wir hielten an und riefen mehrfach: „Hallo? Ist da jemand?“ Keine Antwort. Jedenfalls dachte ich mir: Wenn hier niemand „Danke“ sagen will, dann fahr ich eben los. Schnell verabredete ich mich mit meinem Freund am Lagerfeuer des Treffens – er mit dem Motorrad, ich... mit dem Audi. Ohne groß nachzudenken, setzte ich mich in das Auto und fuhr davon. Ganz ehrlich, so leicht hatte man es mir noch nie gemacht! Es war fast, als würde das Schicksal sagen: „Hier, greif zu.“
Während der Fahrt kam mir ein Geistesblitz: Wenn ich schon ein geklautes Auto fahre, dann nicht so offensichtlich. Also „borgte“ ich mir von einem anderen Wagen ein paar Kennzeichen. Voilà, ein fahrender Tarnkappenbomber! Ab diesem Moment war ich wieder mobil. Ohne Führerschein, ohne Skrupel, ohne Plan.
Einkaufen? Klar, mit dem Audi! Freunde besuchen? Warum nicht! Nur beim Parken wurde ich etwas vorsichtiger. Ich wollte ja nicht, dass die Polizei meinen neuen Schatz vor meiner Wohnung entdeckt. An Tankstellen „vergaß“ ich das Bezahlen regelmäßig. Man könnte sagen, ich hatte die Kunst des Improvisierens perfektioniert.
Doch irgendwann wurde mir der Audi zu heiß. Vielleicht lag’s an den illegalen Nebentätigkeiten, die ich mit dem Auto unternahm. Vielleicht daran, dass ich wusste, dass mein Glück nicht ewig hält. Genau zu dieser Zeit brachte Kawasaki ein neues Motorradmodell raus – ein Traum auf zwei Rädern, das „Muss-ich-haben“-Objekt der Szene. Und da dachte ich mir: Warum nicht ein Auto gegen ein Motorrad tauschen? Klingt fair, oder?
Nach ein paar Recherchen stieß ich auf einen Händler in Hamburg. Er hatte genau das Modell, und ich hatte genau... na ja, einen Plan. Ich rief ihn an und verabredete mich zu einer Probefahrt. Dort würde ich den Audi samt Schlüssel als Pfand lassen. So weit, so schlau. Aber der Händler hatte offenbar auch schon so manchen Trickdieb erlebt. Er wollte meinen Führerschein sehen.
Panik! Ich hatte keinen Führerschein – nicht mal einen, den ich hätte „vergessen“ können. Doch bevor ich mich geschlagen gab, öffnete ich intuitiv das Handschuhfach des Audis. Und da lag er: der Führerschein des eigentlichen Besitzers! Gut, das Foto zeigte einen kahlköpfigen Mann mit Brille, aber hey, wer guckt sich das schon genau an? Ich setzte einfach schon meinen Helm auf (gute Tarnung!) und reichte dem Händler den Führerschein. Er warf einen kurzen Blick darauf, murmelte irgendwas von „Reisefreiheit für alle“ und übergab mir die Schlüssel.
Die Probefahrt war ein Traum! Der Wind, die Power, das Gefühl der Freiheit – ich war kurz davor, die Nationalhymne zu summen. Natürlich fuhr ich nicht zurück zum Händler. Mit diesem gestohlenen Motorrad unter mir fühlte ich mich wie ein Cowboy, der in den Sonnenuntergang reitet.
Am Ende fanden sowohl der Audi als auch das Motorrad zeitversetzt irgendwie ihren Weg zurück zu ihren rechtmäßigen Besitzern. Jahre später, als die Polizei eine Razzia bei mir durchführte, schloss sich der Kreis. Die Beamten setzten die Puzzlestücke zusammen, und meine Geschichte wurde... sagen wir mal, Thema für einen wirklich “abenteuerlichen” Polizeibericht.
Zum falschen Zeitpunkt am richtigen Ort
Es begann alles so harmlos: Ein simpler Besuch in der Schwabengarage in Stuttgart. Ziel? Ein Ersatzteil für das alte Motorrad meiner Freundin. Was sollte schon passieren? Doch die Geschichte entwickelte sich zu einer Mischung aus Actionfilm, Komödie und italienischer Oper.
Mit meiner klapprigen Geländemaschine, liebevoll „Rostbeule“ genannt, rumpelte ich in die Landeshauptstadt. Vor der Werkstatt parkte ich das treue Gefährt zwischen Motorrädern, die so viel glänzender und jünger waren, dass meine Beule vor Scham beinahe von selbst zerfiel. Und dann entdeckte ich sie: Die Honda Fireblade. Schwarz, sportlich, verführerisch – wie der James Bond unter den Motorrädern.
Etwas fiel mir sofort aufl? Überall steckten die Schlüssel. In jedem einzelnen Motorrad. Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Eine Stimme in meinem Kopf flüsterte: „Nimm sie mit. Selber Schuld." Also stellte ich meine Rostbeule vorsorglich drei Straßen weiter ab (schließlich hat die einen Ruf zu verlieren), schlenderte betont unschuldig zurück – und saß kurz darauf auf der Fireblade. Der Motor heulte auf, meine Gedanken schrieen: „Das ist verrückt!“ Mein Herz aber brüllte: „Es ist perfekt!“ Und weg war ich.
Das Gefühl? Unbeschreiblich. Es war, als hätte ich einen rostigen Einkaufswagen gegen einen Jet getauscht. Der Wind, die Geschwindigkeit, die ungläubigen Blicke anderer Fahrer – ich fühlte mich wie der König der Landstraße. Nur mit dem kleinen Haken: Die Fireblade war nicht meine. Aber wer würde mich stoppen? Mit jedem Kilometer entfernte ich mich von Stuttgart – und von jeglicher Vernunft.
Ziel? Italien! Warum? Keine Ahnung! Es klang einfach gut. Die Cinque Terre mit ihrem malerischen Charme und den Steilklippen schien genau das Richtige für mich – und die Fireblade. Ich belud die Maschine (irgendwie passte meine Zahnbürste und ein Sandwich schon rein) und machte mich auf den Weg gen Süden.
Grenzkontrollen mit Adrenalin-Garantie
Ohne Führerschein, ohne Papiere und mit einer Maschine, die technisch gesehen eher zur Schwabengarage als zu mir gehörte, war jede Grenze eine Zitterpartie. Doch ich setzte auf mein Ass im Ärmel:
die Fireblade und meine Fahrkunst. Wenn ein Grenzer genauer hinschauen wollte, grinste ich freundlich – und beschleunigte. Einmal musste ich sogar über den Gehweg und durch eine Eisdiele. Die
Kunden applaudierten, der Grenzer fluchte – typisch italienisches Chaos.
Mit 200 Sachen ins Schicksal (oder fast)
Nach etlichen halsbrecherischen Manövern und einer Fahrt, die jeden Actionfilm alt aussehen lässt, offenbarte sich der Grund, warum die Maschine dort zur Reparatur stand. Mit weit über 200 km/h
in einer Kurve begann die Maschine zu pendeln. Das Hinterrad machte Geräusche, die klangen wie eine italienische Oper – in der Endphase. Ich dachte nur:
„Das war’s. Hier sterbe ich. Wie in einem schlechten Roadmovie.“
Doch irgendwie schaffte ich es, die Fireblade zum Stehen zu bringen. Ursache des Dramas? Das Hinterradlager hatte sich so sehr in seine Einzelteile zerlegt, dass es fast schon wie Kunst
aussah.
Eine italienische Rettungsaktion, wie sie im Buche steht
In der Cinque Terre angekommen, parkte ich die kaputte Maschine in einer Ecke und beschloss:
„Morgen stürze ich das Ding die Klippe runter und mache mich per Anhalter aus dem Staub.“
Doch Italien hatte andere Pläne. Der nächste Morgen begann mit Kreischgeräuschen, die klangen, als ob ein Transformer zerlegt wird. Ich folgte dem Lärm und fand im Hinterhof meiner Unterkunft
eine Gruppe Italiener, die fröhlich mit einer Flex hantierten.
Mit Händen, Füßen und einem Wortschatz, der nur aus „Problemo“ und „Moto“ bestand, erklärte ich mein Dilemma. Einer der Männer nickte, zog drei alte, aber brauchbare Lager aus einer Schrotttonne und grinste, als hätte er den Jackpot geknackt. Gemeinsam schraubten wir, schwitzten und tranken Espresso – und am Ende lief die Fireblade wieder wie neu und ich konnte den Heimweg antreten.
Einmal mehr ein Paradebeispiel dafür, wie Drogensucht, Verstand und Urteilsvermögen außer Kraft setzt.
Manchmal frage ich mich ernsthaft, wie ich so alt werden konnte, ohne an meiner eigenen Dummheit zu scheitern. Ein Paradebeispiel dafür ist die Geschichte, die ich euch heute erzählen will – eine Mischung aus Tragikomödie, Actionthriller und Lehrbuch für „Wie plane ich einen Verbrechens-Flop?“.
Es begann mit einem Wiedersehen der besonderen Art: Ich traf einen alten Leidensgenossen aus der Therapie. Wir waren beide wieder rückfällig, Pleite bis auf die Knochen und auf der Jagd nach dem nächsten Schuss Heroin. Die Lösung? Natürlich: ein genialer Plan, der uns ein paar Tage Ruhe vor den Entzugserscheinungen verschaffen sollte.
Die Zutatenliste klang vielversprechend: meine gestohlene Honda Fireblade für den schnellen Abgang, eine täuschend echte Schreckschusspistole und zwei Typen mit einem IQ, der im roten Bereich der Peinlichkeitsskala rangierte. Unsere Idee? Eine Tankstelle überfallen! Genial, oder? Dass wir uns ausgerechnet die Tankstelle in der Nähe des Flughafens aussuchten – ein Ort, der vor Polizisten nur so wimmelt – sei an dieser Stelle als künstlerische Freiheit gewertet.
Der Plan war simpel. Motorrad in Fluchtnähe parken, die Situation ausspionieren, Mut antrinken und dann auf Beutezug gehen. Während mein Komplize die Tankstelle observierte, gönnte ich mir erstmal eine halbe Flasche geklauten Jägermeister. Mit frischem Mut – oder eher alkoholbedingtem Wahnsinn – machte ich mich auf den Weg zurück.
Doch was musste ich sehen? Mein Kumpel wurde gerade in Handschellen abgeführt. Was geht ab? Wir hatten doch noch gar nichts gemacht! Wie sich später herausstellte, war er zur Fahndung ausgeschrieben. Sein Verhalten im Tankstellenshop führte wohl zu einer Routineüberprüfung, bei der dann die Handschellen klickten. Und als ob das nicht genug war, brüllte er mir auch noch hinterher: „Hau ab, Kawamodi, die haben mich erwischt!“ Danke für nichts, Bro.
Ab diesem Moment hieß es: Survival-Mode an. Ich sprintete Richtung Motorrad, Polizisten dicht auf den Fersen. Es war filmreif: Mit einem Hechtsprung landete ich auf der Maschine, startete den Motor und gab Vollgas. Ich fühlte mich wie der Held in einem schlechten Actionfilm.
Doch mein Adrenalinhaushalt hatte noch nicht genug. Die Straße vor mir? Eine scheinbar unüberwindbare Hauptstrasse. Feierabendverkehr. Dicht an dicht, keine Chance auf ein Durchkommen. Hinter mir: Polizei mit Blaulicht und Sirene. Die Lösung? Augen zu und durch! Im wahrsten Sinne des Wortes – ich raste auf eine Lücke zu und machte das Einzige, was mir logisch erschien: Ich schloss die Augen.
Und jetzt das Unglaubliche: Es klappte. Keine Ahnung, wie ich es auf die andere Straßenseite schaffte, ohne in Einzelteile zerlegt zu werden. Vielleicht war es Schicksal, vielleicht auch nur die Panik der Autofahrer, die mich wie Moses das Meer teilen ließ. Fakt ist: Ich war durch.
Der Rest war dann Routine. Bis die Polizei sich durch den Stau gekämpft hatte, war ich längst über alle Berge. Die Moral der Geschichte? Es gibt keine. Außer vielleicht: Manchmal ist der Wahnsinn stärker als die Vernunft – und manchmal geht das auch noch gut.
Auf Anraten eines guten Freundes, dem ich mich offenbarte, entschloss ich mich nur wenige Tage später, seinem Vorschlag zu folgen und einen ehrlichen Neuanfang zu machen. Um das zu beginnen, stellte ich die gestohlene Honda Fireblade in einem Vorort von Göppingen an einer Autowaschanlage ab – natürlich mit gestecktem Zündschlüssel. Doch bevor ich das tat, reinigte ich das Motorrad gründlich und entfernte jegliche Fingerabdrücke, um sicherzustellen, dass keine Spur zu mir führt.
Meine Hoffnung war, dass jemand das Motorrad entdeckt und es seinen Weg zurück zu seinem rechtmäßigen Besitzer findet. Doch kurioserweise legte dieser wohlüberlegte Plan eine Spur in meine Richtung, und was daraus entstand, ist eine Geschichte, die nur wenige Tage später einen unverhofften Besuch einbrachte.
Der Überraschungsbesuch
Es war einer dieser Tage, an denen die Unruhe in der Luft lag. Ich saß im Wohnzimmer, halb verborgen hinter der Tür, im Wohnzimmer,in diesem seltsamen Zustand zwischen Anspannung und Resignation. Hotel Mama, mein gelegentlicher Unterschlupf, war für einen Moment ein sicherer Hafen – oder zumindest glaubte ich das.
Dann klingelte es. Meine Mutter öffnete die Tür, und ich erstarrte. In meiner Welt war ein Klingeln selten eine gute Nachricht. Also lauschte ich, die Luft anhaltend.
„Ist der Kawamodi da?“ fragte eine tiefe, ungeduldige Stimme. Es war der Name, den die Polizei mir nach dem grandios gescheiterten Tankstellenüberfall verpasst hatte. Mein Kumpel hatte mich vor der Polizei so gerufen. Meine Mutter, völlig ahnungslos über diesen Spitznamen, antwortete unschuldig: „Tut mir leid, den kenne ich nicht.“ Sie musste nicht einmal lügen.
Doch der Mann an der Tür ließ sich nicht so leicht abwimmeln. Es war der Dorfpolizist, in vollem Dienstmodus, mit einem dicken Ordner unter dem Arm. Mit Nachdruck hielt er den Ordner hoch und grummelte: „Der ganze Ordner ist voller Straftaten. Irgendwann kriegen wir ihn. Er kann nicht immer auf der Flucht sein. Den schnappen wir, so wahr ich hier stehe!“
Ich hielt die Luft an, mein Herz raste. Es war, als hätte ich ein wildes Tier ins Haus gelassen, das nun suchend umherschlich. Doch nach ein paar knurrigen Worten verabschiedete er sich und zog von dannen.
Meine Mutter kam ins Wohnzimmer zurück, immer noch den Kopf schüttelnd. „Stell dir vor, die Polizei war hier und hat nach einem Verbrecher gesucht! Der soll Kawamodi oder so heißen. Wieso kommen die ausgerechnet zu mir?“
Ich nickte, versuchte einen überraschten Gesichtsausdruck zu machen, während mein Herz einen Marathon lief. Sie hatte keine Ahnung, dass dieser Kawamodi kein Fremder war – sondern ihr eigener Sohn, der nur wenige Meter entfernt atemlos hinter der Tür hockte.
Mein allererster Draht nach oben
wie gewonnen - so zerronnen…
Zweimal bin ich schon gescheitert. Meine erste Therapie brach ich nach einem Jahr ab, nur um direkt rückfällig zu werden. Während der zweiten Therapie hielt ich es nicht einmal bis zum Ende durch – nach zehn Monaten fiel ich wieder zurück in alte Muster. Als ich dann meine dritte Therapie antrat, war ich von einer tiefen Angst erfüllt. Würde ich wieder scheitern?
Diesmal wollte ich nichts dem Zufall überlassen. Die Therapie fand in einer christlichen Einrichtung statt, und ich fasste den Entschluss, mich dieser neuen Dimension zu öffnen. Schon früh sprach ich mit einem Therapeuten darüber. Ich fragte ihn: „Wenn es Gott gibt, könnte er mir helfen, ihn zu finden? Ich will alles tun, um clean zu bleiben.“ Es war mir egal, welche Mittel ich einsetzen musste – ich wollte einfach nur einen Weg finden, mein Leben zu retten, raus aus der Sucht.
Rückblickend kann ich nicht sagen, wie es geschah, aber während dieser Zeit entstand ein erster, hauchdünner Draht nach oben. Mein Körper war durch das Kokain ausgezehrt, also begann ich, ihn wieder aufzubauen. Jeden Tag joggte ich rund 12 Kilometer durch den Wald, an dessen Rand eine kleine Kapelle stand. Jedes Mal hielt ich dort an, ging hinein, kniete mich nieder und betete. Vielleicht war es eher ein Versuch zu beten, aber für mich zählte der Wille dahinter. Ich dankte Gott dafür, dass ich trotz allem noch gesund war, und bat ihn inständig, mir zu helfen, clean zu bleiben.
In diesen Momenten war ich mir sicher: Da war jemand, der mich hörte. Meine Worte gingen nicht ins Leere – das fühlte ich mit absoluter Gewissheit. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, mit Gott verbunden zu sein.
Nach der Therapie führte mich mein Weg nach Berlin. Ein neuer Ort, neue Herausforderungen – und die Erfahrungen, die ich in der Therapie gemacht hatte, gerieten langsam in den Hintergrund. Schritt für Schritt baute ich mir ein neues Leben auf, aber der Alltag ließ wenig Raum für Besinnung.
Nach ein bis zwei Jahren war mein Leben stabil genug, dass ich wieder Zeit fand, über mich selbst nachzudenken. Dabei erinnerte ich mich an jene stillen Gebete in der Kapelle und beschloss, es noch einmal zu versuchen. Ich setzte mich hin, faltete die Hände und begann zu beten. Doch diesmal war es anders. Meine Worte schienen ins Nichts zu gehen. Es war, als hätte ich den Kontakt verloren.
Erschüttert suchte ich eine Kirche in meiner Nähe auf, kniete mich nieder und betete erneut. Doch wieder war da nichts. Kein Gefühl, keine Verbindung. Der Draht zu Gott war gerissen, und das traf mich härter, als ich erwartet hatte.
In diesem Moment wurde mir etwas klar: Gott lässt sich nicht manipulieren. Er ist kein Werkzeug, das man nach Belieben einsetzt. Ich schwor mir, sollte ich jemals wieder den Zugang zu ihm finden, würde ich ihn nie wieder loslassen.
Das war die bittere, aber zugleich heilsame Erkenntnis: Der Weg zu Gott ist keine Einbahnstraße. Er erfordert Demut, Geduld – und vor allem echte Hingabe. Und diese Reise, so habe ich gelernt, hört niemals auf.